Mönchengladbachs Coach Schubert: „Wir sind alle Interimstrainer“
Gegen Juventus Turin kann André Schubert seine Position weiter stärken. Eine schwierige Wahl für Sportdirektor Max Eberl.
Mittlerweile traut man ihm gar zu, auch in der Champions League vom letzten Tabellenplatz bis ins Achtelfinale zu schweben. Ein Sieg gegen Juventus Turin am Dienstagabend wäre dafür hilfreich. Und dennoch ranken sich eine Menge Fragen um Schubert und seine Zukunft. Die Mönchengladbacher Klubführung um Max Eberl grübelt immer noch, ob der Erfolgstrainer einen langfristigen Vertrag angeboten bekommt. „Wir werden eine gute Entscheidung fällen“, sagt der Sportdirektor.
„Wir sind erfolgreich, das ist eine gute Konstellation, das ist eine klare Konstellation, wir wissen alle, was wir wollen.“ Mehr verrät er nicht. Und das ist auch klug so. Denn Eberl steckt in einer extrem komplizierten Situation. Natürlich liefern die Siegesserie und die guten Leistungen überzeugende Argumente für Schubert. Noch weiß aber niemand, wie dieser Trainer sich verhält, wenn die Stimmung schlechter wird, wenn Spieler ihre Form verlieren und Krisenherde im Team gelöscht werden müssen.
Auch Eberl kann das nur erahnen. Er kann beobachten, Gespräche führen und in die Vergangenheit blicken. Und da ist der Trainer bisher nicht als geschickter Moderator schwieriger Situationen aufgefallen. Beim FC St. Pauli stand Schubert im Frühjahr 2012 vor einer Entlassung, obwohl der Klub um den Aufstieg mitspielte. Dem Coach wurden Schwächen im menschlichen Umgang nachgesagt. Er durfte dann doch bleiben, verpasste den Sprung in die Bundesliga nur knapp, als der Einstieg in die folgende Saison jedoch misslang, wurde er entlassen.
Witz war unumstrittener Höhepunkt
Schubert sei ein großartiger Fachmann, aber ihm fehle „die erforderliche Empathie“ für eine Führungsposition in einem so komplexen Gebilde wie einem Profiklub, heißt es beim FC St. Pauli. Und in der Öffentlichkeit agiert er auch nicht immer geschickt. Die Behauptung, dass er seinen Aufstieg in Gladbach „nicht persönlich als irgendeine Chance“ betrachte, hat ihm noch nie jemand abgenommen. Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung bezeichnet diese Aussage gar als „unaufrichtig“.
Er sei „geduldiger geworden“, sagt er selbst, wenn er auf seine Probleme der Vergangenheit angesprochen wird. Aber ein neuer Mensch ist Schubert natürlich nicht. Seine Interviews sind nach wie vor weder besonders unterhaltsam, noch gewährt er einen Einblick in seine Arbeit. Der Witz, den er am Samstag nach dem 4:1 in Berlin riss (“Wir sind alles Interimstrainer“), war der unumstrittene Höhepunkt seiner öffentlichen Auftritte als Gladbacher Trainer.
Schubert ist kein Entertainer wie Jürgen Klopp, er ist kein Mann, der permanent über die tiefsten Geheimnisse des Spiels nachdenkt wie Thomas Tuchel oder Pep Guardiola, und ein Menschenfänger wie so viele Spitzentrainer ist er auch nicht. Was qualifiziert ihn also, einen dieser raren Jobs bei einem Team mit seriösen Champions-League-Ambitionen zu übernehmen? Rang eins in der Schubert-Tabelle? Seine Fachkenntnis? Aber reicht das? All diese Fragen muss Eberl abwägen, denn er sucht einen Entwickler, Schubert jedoch ist bisher vor allem ein Befreier.
Egal wie der Sportdirektor sich entscheidet, er geht ein Risiko ein. Wenn er sich für einen anderen Trainer entscheidet, würde die erste schwierige Phase auch ihn selbst beschädigen. Hält er an Schubert fest, verpasst er möglicherweise die Chance, Markus Weinzierl, den derzeit begehrtesten deutschen Trainer, nach Mönchengladbach zu holen. Kein Wunder, dass Eberl sich Zeit lässt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut