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Modrow kämpft für die Oppositionsrolle

■ Auch Ministerspräsident in der Endphase auf Stimmenfang / „Wir wollen eine konstruktive Opposition sein“

Neubrandenburg (dpa/ap) - Hans Modrow, Noch -Ministerpräsident der DDR und Spitzenkandidat der Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS), ist am Dienstag in den Wahlkampf eingetreten. Seine Partei wolle eine konstruktive Opposition in einem neugewählten Parlament. „Wir wollen die konstruktive Zusammenarbeit mit allen Demokraten“, sagte Modrow am Dienstag abend im Speedway-Stadion in Neubrandenburg in seiner einzigen großen Wahlkundgebung. Die PDS wolle nicht die Macht, sie habe sich ein für allemal von Macht- und Führungsansprüchen losgesagt, so Modrow.

Mit „Modrow„-Rufen, zahlreichen DDR-Fahnen und Plakaten mit der Aufschrift „Hans, wir sind mit Dir“ feierten rund 50.000 DDR-Bürger (nach Veranstalterangaben) den Auftritt des Ministerpräsidenten. Modrow, der als Nummer Eins der PDS im Bezirk Neubrandenburg für die Volkskammer kandidiert, hatte sich bei einer Veranstaltung zuvor in der Stadt Demmin allerdings auch Pfeifkonzerte und Buhrufe von SPD- und DSU -Anhängern anhören müssen.

Die Aufgabe der PDS im neuen Parlament sei es, so Modrow in einer anschließenden Pressekonferenz, die zurückliegenden Monate gründlich zu analysieren und daraus Schlüsse zu ziehen. Opposition sei nichts Destruktives. Wer mit wem koalieren werde oder sogar müsse, werde sich erst nach der Wahl zeigen. „Absolute Mehrheiten wird es für niemanden geben.“ Um einer Marktwirtschaft ohne soziale Absicherungen Schranken zu setzen, sei eine starke linke Opposition in der Volkskammer notwendig.

Modrow betonte weiter, die PDS halte an einem starken genossenschaftlichen Sektor und an einem ausgeprägten Volkseigentum fest. „Volkseigentum muß Volkseigentum bleiben. Die Bodenreform darf nicht rückgängig gemacht werden.“ Die PDS wolle keine Ellenbogengesellschaft, in der Egoismus und Individualismus alles überwucherten. Kritik übte Modrow am Wahlkampfstil anderer Parteien in der DDR. Er sprach sich für die Einheit Deutschlands, aber gegen einen Anschluß der DDR an die Bundesrepublik nach dem Artikel 23 des Grundgesetzes aus und forderte, die Währungssunion nicht ohne soziale Absicherung zu realisieren.

Seine Zurückhaltung im Wahlkampf hatte Modrow mehrfach damit begründet, er betrachte sich als Ministerpräsident des ganzen Volkes und nicht einer Partei.

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