: Modernes vorerst gerettet
■ Disko-Nächte können einstweilen weitergehen / Polizei: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben
Galgenfrist für das „Modernes“. Das Kulturzentrum in der Neustadt kann vorerst weiter arbeiten wie bisher. Auch die langen Disko-Nächte am Wochende können einstweilen weiter stattfinden. Eine Verfügung, die das Stadt-und Polzeiamt den Modernes-Betreibern in der letzten Woche noch mündlich angekündigt hatte und nach der auch an Wochendenden im Modernes spätestens um 1 Uhr die letzten Gäste hätten gehen müssen, wurde nun doch nicht abgeschickt.
Auf Intervention von Innensenator Peter Sakuth landete die bereits getippte Sperrstunden-Verordnung mit der Bemerkung „sofort vollziehbar“ vorerst in der Akten-Ablage des Stadt und Polizeiamts statt im Briefkasten des Modernes.
Aufgrund der taz-Berichter
stattung über die geplante Verfügung (s. taz. vom 3.7.) hatte sich der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete und Sprecher der Kultur-Deputation, Manfred Fluß, direkt an Sakuth gewandt und gebeten, erneut Alternativen zum vorzeitigen Zwangsende für Disko-Veranstaltungen zu überprüfen. Fluß: „Das Modernes ist ein wesentlicher Bestandteil bei den Bemühungen, die Neustadt kulturell attraktiver zu machen. Wir müssen alles versuchen, um einen Kompromiß zu finden, mit dem die Anwohner leben können und das Moderne weiterleben kann.“ Den Appell des SPD-Abgeordneten griff Sakuth auf und verfügte, vorerst nichts gegen das Modernes zu verfügen.
Jetzt sollen erneut Alternativen geprüft werden, um den nächtlichen Lärm an- und abfahrender
Disko-BesucherInnen aus dem engen Neustadtswall zu verbannen. Im Gespräch ist z.B. eine Schranke, mit der die Anlieger die Straße abends selbst abriegeln und Disko -BesucherInnen zur Parkplatzsuche auf dem nahen Grünenkamp dirigiern können. Bei einer Einwohnerversammlung am 20. Juli will das Stadt-und Polizeiamt herausbekommen, ob die Anlieger bei einer solchen Lösung mitziehen würden.
Hans-Jörg Wilkens, Chef der Bremer Verwaltungspolizei: „Solche Modelle funktionieren nur, wenn sie von den Anwohnern auch angenommen werden.“ Alternative von Bremens oberstem Verwaltungspolizisten: Die Betreiber des Modernes stellen selbst einen zuverlässigen Schrankenwärter, der Anwohner
passieren läßt und Modernes Gäste umdirigiert.
Den plötzlichen Sinneswandel bei den verantwortlichen Senatoren kann Wilkens sich allerdings selbst nicht recht erklären. Schon in der Vergangenheit hatte Wilkens bei den beteiligten Ressorts Inneres, Bau und Wirtschaft nach Alternativen zum frühen Ende der Disko-Nächte forschen lassen. Alle jetzt in Erwägung gezogenen Modelle sind schon einmal geprüft und schon einmal verworfen worden. Auf eine Prognose für den zweiten Behördenanlauf wollte Wilkens sich denn gestern auch nicht festlegen lassen: „Wir hoffen, daß wir auf die Sperr stunden-Verordnung verzichten können. Aber wenn alle Stricke reißen, werden wir notfalls wieder auf dies Mittel zurückgreifen müssen.“
K.S.
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