■ UrDrüs wahre Kolumne: Mobile Koksvisagen
Das Niedersächsische Landesamt für Statistik verbreitete gestern eine nach Bundesländern geordnete Übersicht der Zulassungen von Luxus-Automobilen. Darin werden wahrhaftig acht BremerInnen bezichtigt, einen Ferrari zu fahren, obwohl dieser Tatbestand ja von anständigen Menschen mit Ächtung und Verachtung geahndet wird. Acht aktive Ferrari-Idioten also, die vermutlich Familien mit Wucherzinsen ins Elend stürzen, den Ertrag ganzer Hurenhäuser zur Finanzierung ihres parasitären Daseins verpulvern und obendrein nicht zögern, Igel, Skateboardfahrer und Feldhasen plattzumachen, wenn die Startflagge in ihren Hirnkästen aufleuchtet.
Sozialneid? Dass ich nicht lache: so beschämend blöd wär unsereins doch nicht einmal mit der demnächst wohl fälligen Erbmasse von Bin Laden am Hacken! Acht BremerInnen also mit dem Schumi-Geschoss und in ganz Sachsen-Anhalt kein einziger und im riesigen Meck-Pomm nur einer, der sein fatales Glücksgefühl auf diesen Klotz Blech zu gründen sucht. Ferraristi, ich verachte Euch und bin mir sicher, dass Ihr Koks-Visagen niemals nicht ein Scherflein für die Bahnhofsmission, das Müttergenesungswerk oder den Bettelmann im Rollstuhl übrig habt, ganz zu schweigen vom Tierschutzverein oder der Wittheit zu Bremen!
– Ich bin kein Amerikaner! –
Der hiesige Ausländerausschuss sinnt über die Einrichtung einer Härtefallkommission für Asylfälle nach, wie sie sich in anderen Bundesländern längst bewährt hat. Als lokalpatriotischer Sparfuchs schlage ich vor, diese Kommission ehrenamtlich mit mir zu besetzen und für Grippezeiten und andere Wechselfälle des Lebens könnte ich mich unbürokratisch von Gigi Grenzenlos vertreten lassen. Sollte diesem Vorschlag zur Güte entsprochen werden, bitte ich um kurzes Zuprosten mit dem nächstbesten Bierglas.
– Ich bin kein Amerikaner! Punkt. –
Immer noch liegt die rechtsverbindliche Garantie für mindestens 100 000 qm Freimarktfläche auf der Bürgerweide nicht vor. Gilt denn das Versprechen nichts mehr, dass Gräfin Emma damals nach der aufopferungsvollen Leistung eines Behindertensportlers den Bremern gegeben hat? Für den Fall, dass die in der Baudeputation mit dem Beschluss nicht hopplahopp rüberkommen, droht das Kommando Zuckerwatte jetzt schon mal vorsorglich Karies und Paradontose mit anschließender Wurzelbehandlung ohne Betäubung an. Und in Hannover begann gestern auf dem Schützenplatz das Catchturnier um den GILDE-Wrestling-Cup. Und erstmals ist kein einziger Bremer dabei. Kommt alles von der verdammten Messemacherei auf der Bürgerweide.
– Nein, ein Amerikaner bin ich nicht und werd ich nicht. –
Europas allergrößte Tageszeitung stellte ihren Lesern gestern „vier Fragen an das Gewissen“ in diesen kriegerischen Zeiten. Die entscheidende: „Darf man trotzdem zum Stammtisch gehen?“ Die durchaus einleuchtende Antwort des Blattes: „Ja. Reden und trinken für den Frieden“. BILDschön. So werden wir uns einig.
Meine Bäckersfrau blieb gestern auf drei Amerikanern sitzen. Ich habe sie dann zum Preis von einem aufgekauft und verzehrt. Vorurteilslos.
Darf man in Zeiten wie diesen bügeln, Knopflöcher säumen oder Laubsägearbeiten verrichten? Antworten bitte an
Ulrich „Weissnichtrecht“ Reineking
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