schnittplatz: Mitteldeutsche Sparkasse
„Wir werden künftig auf risikobehaftete Anlagen völlig verzichten“, sprach der Intendant.
Ja, warum denn? Zugegeben: An die vier Millionen Mark hat der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) durch Währungspekulation 1999 verloren.
Dabei hatte die Anstalt doch extra sozusagen in Blue Chips, nämlich in Ecuador-Anleihen investiert und nicht etwa in eingekrachte Medienwerte vom Neuen Markt. Es ging um Sucre, die Landeswährung, nicht um den Rechtemulti EM-TV.
Überhaupt: Vier Millionen. Peanuts, nichts im Vergleich zu den 74,7 Millionen, die die „durchstrukturierte Anlagepolitik“ (MDR-Originalton) zusätzlich in die öffentlich-rechtlichen Kassen spülte. Schließlich war diese Anlagepolitik, sagt eine MDR-Sprecherin, nämlich sowohl rendite- als auch risikoorientiert.
Die Anlagepolitik der Dreiländeranstalt auf den Finanzmärkten, wohlgemerkt. Nicht etwa die Bereitschaft, bei den Programminvestitionen volles Risiko zu fahren. Dort backt man sichere Brötchen: Bloß nichts wagen, was in die Quoten-Baisse gehen könnte. Was seine Radio- und Fernsehkost angeht, ist der MDR so vorhersagbar wie die Rendite auf Pfandbriefe und Sparbücher: Mager, unter grellbunter Oberfläche eigentümlich blass, durchgeschlagert und serviceorientiert.
Und den Anstaltsgewaltigen ist darob wahrscheinlich so langweilig geworden, dass sich aufgestaute Energien und angehäufte Mittel schließlich Bahn brechen mussten. Was läge da näher, als ein bisschen Sparkasse zu spielen und mitzuzocken – schließlich sind Sparkassen auch Anstalten öffentlichen Rechts.
Denn der MDR beschreitet nun einmal gern neue Wege, zum Beispiel was die Gründung von privaten oder halbprivaten Tochterunternehmen angeht – auch wenn der Landesrechnungshof kleinlich immer wieder mit Rundfunkstaatsvertrag ankommt.
Und: Es sollen ja nicht mal Rundfunkgebühren gewesen sein, die da versickert sind, sondern Mittel aus der „Anschubfinanzierung“ für den Neubau von Funkhäusern, die seit Anfang der 90er-Jahre rumlagen. Wieso die übrig sind oder warum es weniger pfui ist, Steuermittel zu verzocken als die Rundfunkgebühren, ist vermutlich eine ganz andere Geschichte, die ein andermal erzählt wird. STEFFEN GRIMBERG
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