Kommentar: Mitleidlos konsequent
■ Warum der Bürgermeister wegen der Wahl seine Schulsenatorin demontiert
Wahlkampf kann grausam sein. Beim Baggern um Stimmen kennen manche keine Verwandten mehr, und auch unter Genossen bröckelt die Solidarität. Die öffentliche Demontage von Schulsenatorin Pape durch Bürgermeister Runde ist mitleidlos konsequent.
In ihrer gerade einmal eineinhalbjährigen Amtszeit hat sie vornehmlich, behutsam ausgedrückt, glücklos agiert: Schon das Desaster mit der KitaCard hätte in Grenzen halten können, wer politischen Instinkt aufzuweisen hat.
Und nun garniert der Bürgermeister höchstselbst ein Privatschulgesetz, das beileibe nicht gegen seinen Widerstand den Senat passiert hatte, mal eben mit zusätzlichen Milliönchen, die seiner fachlich zuständigen Mitarbeiterin zuvor verwehrt worden waren. Ob Pape nicht durchsetzungsfähig ist, wie böse Zungen zu wissen vorgeben, oder die Brisanz des Themas nicht erkannt hatte, wie andere Auguren raunen, ist zweitrangig.
Denn, so mitleidlos simpel ist das Geschäft, eben der Mann hätte es besser wissen müssen, der sie auf ihren Sessel berufen hatte. So kurz vor einer Wahl die Eltern von 14.000 SchülerInnen zu verprellen, war ein herber handwerklicher Fehler, und zwar von beiden. Und deshalb wird zur Chefsache erhoben, was als Problemlösungskompetenz verkauft werden soll. Gerade weil es nichts anders als Schadensbegrenzung durch Stimmenkauf ist.
Für Ute Papes Karriere ist es egal, ob Rot-Grün die Wahl doch noch gewinnt oder nicht. Sie selbst hat, das wurde gestern klargestellt, bereits verloren.
Sven-Michael Veit
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