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■ Mit erschütterten Financiers auf du und duTeures Beben

Berlin (taz) – Das Erdbeben in Japan hat die Wirtschaft der Region um Kobe und Osaka zum Erliegen gebracht. Wird nun die japanische Wirtschaft und womöglich gar die Weltwirtschaft erbeben? Von mindestens 50 Milliarden Mark Schäden geht ein Wissenschaftler der Fuji-Bank aus; beim Tokioter Finanzministerium kann man noch gar nichts sagen. Fachleute schätzen, daß aber allenfalls im ersten Quartal 1995 das japanische Wirtschaftswachstum einknicken werde. Dann werde ein richtiger Boom kommen, getragen vor allem von der Bauindustrie.

Bei den Rückversicherungen, den Versicherern der Versicherungen, ist die Stimmung ruhig. „Auf diese Schäden sind wir mental und finanziell eingestellt“, sagt der Sprecher der Münchner Rück, Rainer Küppers, über das Erdbebenland Japan. Mit großen Belastungen rechnen die Versicherungen nicht: Ein englischer Finanzexperte in Tokio meinte, daß nur neun Prozent der Japaner gegen Erdbebenschäden versichert seien.

1,55 Milliarden Mark aus Haushaltsrückstellungen hat die Regierung kurzfristig an Hilfen zugesagt; im 1995er Budget sollen zusätzliche Ausgaben eingeplant werden. Bei einem Gesamtetat von 1,1 Billionen Mark wird sich das Problem aber in Grenzen halten.

Einen Moment lang ging an den internationalen Finanzplätzen das Gespenst um, die japanischen Versicherungen könnten gezwungen sein, schlagartig Geld zu repatriieren, um für die Schäden aufkommen zu können. Die Japaner haben umgerechnet 1,5 Billionen Mark im Ausland investiert, drei Viertel davon in Wertpapiere. Wenn jetzt alle japanischen Versicherungen ihr Geld abziehen würden, könnten die Anleihemärkte kollabieren. Die Zinsen würden dann weltweit steigen, das Wirtschaftswachstum dadurch gedrosselt. Der Yen aber würde durch den Geldzufluß nach Japan kräftig steigen – ganz schlecht für die Wettbewerbsfähigkeit der Exportnation Japan.

Diesmal jedenfalls wird es wegen der Unterversicherung der Japaner dazu nicht kommen. Was aber, wenn beim nächsten Mal das wirtschaftliche Herz des Landes, Tokio, zerstört würde? Die aufgeschreckten Versicherungskonzerne dürften sich jetzt schon überlegen, wie sie sich darauf vorbereiten. Insofern kann man hoffen, daß es auch dann nicht zur Finanzkatastrophe kommen würde. Nicola Liebert

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