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Mit dem Rücken zum Konsum

■ Afrikanische Männerporträts in Neustadt-Schaufenstern

Ist doch egal, wie das Dorf heißt. Ist auch egal, wie die Männer heißen, wie die Rücken, wie die Gesichter aussehen, egal, egal, Mensch ist Mensch.

Oder ist's etwa nicht egal? Hätte man vielleicht den Wunsch, wenigstens einigen der 13 ab Sonnabend in Schaufenstern der Ditmar-Koel-Straße in fotografischen Rü-ckenporträts präsentierten Afrikanern ins Gesicht zu sehen? Mehr als nur die feinen Unterschiede, die sich bei genauer Betrachtung der Rückenansicht ergeben, festzustellen und zu bemerken, dass sie in Wirklichkeit weder die – hier ästhetisiert-einheitliche – exakt gleiche Hautfarbe noch ähnliche Kopf- und Ohrenformen haben?

Fragen, die der Fotograf Peter Tschiche, der die 13 Männer aus einem ghanaischen Dorf fotografiert hat, den BetrachterInnen stellt. Denn auch er kennt – obwohl er seit 1995 zwei Monate jährlich in Ghana verbringt – das Leben dieser Gemeinschaft nur wenig, und „ich bilde mir nicht ein, ihr Leben zu verstehen.“ In Rückenansicht, gewissermaßen, sieht also auch er das Dorf, dessen Namen er tatsächlich nicht nennen möchte, „weil die Bilder für sich stehen.“

Warum hat er aber, wenn er veranschaulichen will, wie wenig Europa immer noch über Afrika weiß, die individuell pigmentierte Haut der Porträtierten vom Grafiker Martin Posselt uniform tönen lassen? Leistet er damit nicht genau jenen Vorurteilen Vorschub, die behaupten, Menschen bestimmter Regionen sähen „alle gleich aus“? Nein, sagt Tschiche. Er wolle das gängige Vorurteil vielmehr konterkarieren durch die vorgespiegelte Uniformität. „Auf den ersten Blick sehen die Männer gleich aus, und erst später bemerkt man, dass es Unterschiede gibt“, erklärt Tschiche.

Um das zu bemerken, muss man allerdings stehen bleiben vor den Läden in der Ditmar-Koel-Straße,innehalten vor den Schaufenstern, und auch den direkten Vergleich muss man erst suchen, da die Fotos auf Schaufenster beider Straßenseiten verteilt sind: „Der Wiedererkennngseffekt soll eintreten, man soll denken, etwas Ähnliches habe ich doch vor ein paar Metern schon mal gesehen“, erklärt Tschiche. Nur dass er eben nicht beim Prinzip Wiederholung stehenbleibt, sondern Sensibilität für individuelle Verschiedenheit wecken will.

Dass die Porträtierten zugleich und ganz nebenbei einen – kritischen, verwunderten? – Blick auf unsere Konsumwelt werfen, weil sie ja tatsächlich in die Läden hineinsehen, ist da fast schon ein belangloser, aber in dieser unserer aufgeklärten Zeit natürlich völlig überflüssiger „pädagogischer Nebeneffekt“. Petra Schellen

14.-28.10. in Schaufenstern der Ditmar-Koel-Straße/Neustadt

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