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Mit dem Bettelstab nach Washington

■ Nicaraguas Präsidentin Violeta Chamorro bekommt in den USA stehende Ovationen, aber kein Geld

Washington (taz/wps/ips/afp) — „Ich bin voller Mut, Hoffnung und stehe mit offenen Armen da, um die Hilfe und die enorme Freundschaft der Vereinigten Staaten zu empfangen“, sagte Violeta Chamorro bei ihrer Ankunft in Washington am Montag. Doch mehr als Ehrendiners und Auszeichnungen wird Nicaraguas Präsidentin auf ihrem dreitägigen Besuch in Washington — dem ersten eines nicaraguanischen Staatschefs seit 52 Jahren — wohl nicht erhalten.

„Wir können alles brauchen“, warb die Präsidentin in einer Pressekonferenz, „diese Videokamera, dieses Mikrofon, diesen Kugelschreiber, den Sie benutzen, alles, weil Nicaragua sehr bedürftig ist.“ Laut Washingtoner Regierungsbeschluß sollte das nachsandinistische Nicaragua 541 Millionen Dollar US- Hilfe bekommen — bis heute, so Managua, sind jedoch nur 207 Millionen ausgezahlt worden. Nicaragua hat elf Milliarden Dollar Auslandsschulden; die nicaraguanische Wirtschaft wies im Jahre 1990 ein Negativwachstum von 5,7 Prozent auf.

Vor dem Beginn ihrer Rede vor den beiden Häusern des US-Kongresses am Dienstag erhielt Chamorro einen stehenden Applaus. „Sie ist eine so elegante Dame“, himmelte der Republikaner Robert Dornan, „ein Wunder der westlichen Hemisphäre.“ Doch nach ihrer Rede, in der sie Finanzhilfe über zehn Jahre forderte, um die Schäden „vergangener Diktaturen“ zu überwinden, gab es keine Finanzzusagen. Die USA hätten genug eigene Probleme, meinte der Demokrat Bill Richardson. Andere verwiesen auf das Treffen mit Präsident Bush, das gestern nachmittag den Besuch abschließen sollte. Konservativere Senatoren wie Jesse Helms kritisierten Chamorro für ihre Aussöhnungspolitik mit den Sandinisten. Bemängelt wird, daß der Sandinist Humberto Ortega noch immer die Armee anführt. Außerdem warf man ihr eine „zu freundliche“ Haltung gegenüber der FMLN- Guerilla in El Salvador vor. Chamorros Neffe, FMLN-Comandante Jesus Rojas, der die Kontakte zwischen Managua und der Guerilla leitete, war wenige Tage vor ihrem Besuch ermordet worden.

Bosco Matamoros, ehemaliger Contra-Sprecher und jetzt politischer Berater in Washington, hatte vor Chamorros Besuch kräftig Stimmung gemacht. In einem Artikel mit dem Titel „Die Macht des Clans“ geißelte er „Vetternwirtschaft, Korruption und Gewalt“, die in einem Jahr Chamorro-Herrschaft dasselbe Ausmaß erreicht hätten wie in zehn Jahren Sandinismus und 40 Jahren Somoza-Diktatur. D.J.

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