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■ HIV-VERSESUCHTE BLUTKONSERVEN IN PORTUGALMit Zertifikat geliefert

Mit Zertifikat geliefert

Wien (dpa) — Wie in Frankreich bahnt sich offenbar auch in Portugal ein Skandal um HIV-verseuchtes Blut an: Nach Angaben des Bluterverbandes sollen dort mehr als 100 Patienten durch Blutplasma aus Österreich mit dem HIV-Virus infiziert und 19 von ihnen bereits gestorben sein. Experten des österreichischen Gesundheitsministeriums haben daraufhin gestern im niederösterreichischen Gumpoldskirchen einen Betrieb der Firma „PlasmaPharm Sera“ durchsucht.

Wie ein Sprecher des Ministeriums mitteilte, wird Anzeige gegen das Unternehmen wegen fahrlässiger Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten bei der Staatsanwaltschaft Wien erstattet. Der portugiesische Gesundheitsminister Arlindo de Carvalho, der der Staatsanwaltschaft den Bericht einer Untersuchungskommission zuleitete, bezifferte die Zahl der Infizierten allerdings auf nicht mehr als vier. Er kündigte Hilfsmaßnahmen für die Betroffenen und ihre Familien an. Nach Bekanntwerden des Skandals hatte noch in den Nacht zum gestrigen Freitag im Wiener Gesundheitsministerium eine Sitzung stattgefunden, zu der zeitweise auch der Geschäftsführer von „PlasmaPharm Sera“, Fawzi Saleh, und einer seiner Mitarbeiter hinzugezogen worden war. Wie ein Sprecher im Anschluß erklärte, haben die Unternehmensvertreter „einige wesentliche Antworten auf die vielen Fragen des Ministeriums nicht gegeben“. Die Firma gab zunächst keine offizielle Stellungnahme ab.

Der portugiesische Generalstaatsanwalt Cunba Rodrigues sprach von einem „Verbrechen gegen die Gesundheit der Bürger“. Die 500 Plasmakonserven waren 1986 mit einem Qualitätszertifikat ausgestattet nach Portugal geliefert worden, das eine Aids-Verseuchung ausschloß. Die damalige Gesundheitsministerin, Leonor Beleza, heute Parlamentsvizepräsidentin, soll jedoch schon zwei Monate nach Eintreffen der Konserven vor der möglichen Verseuchung gewarnt worden sein und nichts unternommen haben. Erst jetzt habe das Ministerium die Verseuchung zugegeben.

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