HAMBURGER SZENE VON AMADEUS ULRICH : Mister Kaltakquise
Der Schwabe mit der Glatze trägt Schal. Dabei ist es heiß in der Kneipe, in der Freunde und ich sitzen. Der Mann aus Stuttgart, den wir kennenlernen, redet unentwegt, fuchtelt mit den Armen, erzählt einen Witz nach dem anderen und viel über sich selbst. Wie er heißt, habe ich vergessen – nennen wir ihn „Mister Kaltakquise“.
Denn er erzählt uns stolz, er sei Dozent und mache zu Beginn jeder Vorlesung folgenden Witz: Er öffne einen Wälzer und beginne, monoton daraus vorzulesen. Nach einer Weile sage er den Studenten: „Was wollt ihr denn? Is‘ doch eine Vor-les-ung!“
Ich frage ihn, was er denn unterrichte. Lächelnd nimmt er einen Salz- und Pfefferstreuer vom Tisch, reckt beide in die Höhe und sagt mit viel Pathos: „Das ist Unternehmen A, das Unternehmen B.“ Ich nicke, etwas irritiert. Nun solle man sich vorstellen, Unternehmen A habe ein tolles Produkt, traue sich jedoch nicht, Unternehmen B anzurufen, um es feilzubieten – also eine Kaltakquise zu machen. Und er ist Dozent dafür, hält eine Vor-les-ung, in der er den Studenten verklickert, wie man selbstbewusst zum Hörer greift.
Er habe sogar ein Buch geschrieben, scheffele Geld, auf Youtube sei er der Hit. „Googel mich mal!“ All das wegen dieser Kaltakquise. Den Namen des Mannes aus der Kneipe habe ich leider vergessen. Aber dieses Wort vergesse ich nimmermehr.