: Mißlungener Höhenflug
■ Der Mythos von der Arbeitnehmerbank BfG ist am Ende
KOMMENTARE
Daß die Gewerkschaften nicht mit den ihnen von ihren Mitgliedern anvertrauten Geldern umgehen könnten, behaupten bundesdeutsche Wirtschaftskapitäne seit dem Auftauchen der proletarischen Konkurrenz auf dem Markt der Güter und Gelder. Und unter der Überschrift „Pannen, Pech und Pleiten“ haben die Vorstände der gewerkschaftseigenen Unternehmen von der Neuen Heimat (NH) über Coop bis hin zu der gerade kollabierenden Bank für Gemeinwirtschaft (BfG) - die polemisierenden Attacken der Kapitalseite mit harten Fakten untermauert. Eine heruntergewirtschafte NH wurde für eine Deutschmark an einen Bäcker verkauft, bei Coop wollte man den angeschlagenen Handelsriesen mit wirtschaftskriminellen Methoden über die Bücher sanieren, und bei der BfG - so sagen Insider - ist der Vorstand an seinen Allmachtsphantasien gescheitert.
Unbestritten ist, daß ein von Gewerkschaftern geführtes Unternehmen soziale Rücksichten zu nehmen und Verpflichtungen gegenüber der eigenen Organistion zu erfüllen hat. Das mag ein Wettbewerbsnachteil auf den engen Märkten sein, auf denen der DGB und seine Einzelgewerkschaften versucht haben, sich auf Dauer mit ihren Unternehmen zu etablieren. Tatsache ist, daß die Probleme der BfG eng mit den Problemfällen Coop und NH verknüft sind, denn die gewerkschaftseigene Bank mußte jahrelang Millionensummen in die maroden Unternehmungen hineinbuttern. Tatsache ist aber auch, daß sich in den einzelnen Gewerkschaftsunternehmen - wie auch bei den Gewerkschaften selbst - ein Verwaltungs-Wasserkopf“ gebildet hat. Und alle (Mit-)Glieder dieses „Wasserkopfes“ müssen selbstverständlich so bezahlt werden, wie das in der freien Wirtschaft üblich ist - man will schließlich konkurrenzfähig bleiben.
„Gesundschrumpfen“ heißt das neue Patentrezept für die BfG. Dort scheint man endlich erkannt zu haben, daß eine gewerkschaftseigene Bank (Anteil: 49 Prozent) nicht mit den Giganten auf dem Markt mithalten kann, weil der monetäre Unterbau fehlt. Einzelne Geschäftsbereiche sollen gekappt und andere - noch lukrative - ausgebaut werden. Massenentlassungen werden die Folge einer verfehlten Geschäftspolitik der Gewerkschaftsmanager sein, die mit einer „We've got our fingers in everything„-Mentalität weit über das Machbare hinausschossen und nun in hartem „Crash“ auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt werden. Und es ist ein Skandal, wenn führende Gewerkschaftsfunktionäre diese offenbar unumgänglich gewordene - Rotstiftpolitik bei der BfG als „Personalanpassungen“ verharmlosen.
Die Schaffung kleinerer Wirtschaftseinheiten ist der letzte Ausweg aus den Dauerkrisen. Für den mißlungenen Höhenflug über die Konjunkturtäler müssen jetzt all die Menschen bezahlen, die von den Gewerkschaftsbossen in den vergangenen Jahren mit an Bord genommen wurden - in der Touristenklasse. Falls die gewerkschaftseigenen Unternehmen irgendwann tatsächlich einmal schwarze Zehlen schreiben, sollte für sie eine Geldanlage bei einer „normalen“ Großbank - oder bei der Ökobank - künftig kein Tabu mehr sein.
Klaus-Peter Klingelschmitt
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