: Missbrauch des Kunstbegriffs
betr.: „Juristische Literaturkritik“, taz vom 22. 6. 05
Die Diskussion um das vermeintliche Literaturverständnis von Maxim Biller ist wichtig, denn sie kann deutlich machen, dass hier wieder einmal Kunst missbraucht wird, um den persönlichen Narzissmus eines Möchtegernliteraten zu nähren. Er missachtet das informationelle Selbstbestimmungsrecht einer betroffenen Person. Die Intim- und Privatsphäre eines jeden Einzelnen unterliegt einem absoluten unantastbaren Schutz, der ausschließlich durch die betroffene Person relativiert werden kann. Wenn es manchem Schreiber an literarischer Qualität und Fantasie fehlt, nutzt er Privates unzulässig, ungeachtet des persönlichen Gefühls der betroffenen Person und ihres möglichen Schadens. Das Gerichtsurteil machte klar, dass für egozentrische Bedürfnisse der Kunstbegriff nicht missbraucht werden darf. Es schützt Menschen vor der willkürlichen Verletzung ihres Schamgefühls durch Menschen wie Biller. Ein Buch ist nicht nur einfach ein Buch. BRIGITTE HENTSCHEL, Berlin