piwik no script img

„Mir liegt nichts vor“

■ Bremens Polizeipräsidenten Rolf Lüken zu der Behinderung von taz-JournalistInnen in der Silvesternacht

Nicht nur die Eiseskälte machte den diensthabenden tazlern am Silvesterabend schwer zu schaffen, sondern auch die Polizei. Zivilbeamte nahmen dem taz-Fotografen die Filme ab (taz vom 2.1.). Eine Redakteurin wurde nicht zur Sielwall-Kreuzung durchgelassen. Wir wollten von Polizeipräsident Rolf Lüken wissen, warum.

taz: Herr Lüken, was halten Sie von der Pressefreiheit?

Rolf Lüken: Eine ganze Menge. Die Pressefreiheit ist unumgänglich und erforderlich in einem demokratischen Gemeinwesen.

In der Silvesternacht sind unserem Fotografen die Filme abgenommen worden. Warum?

Ich kenne den Vorgang nur soweit er in der taz beschrieben ist. Sie gehen davon aus, daß sich das alles so zugetragen hat. Ich weiß das nicht. Ich habe dazu noch keine offizielle Mitteilung von irgendeiner Seite. Wir haben aber aufgrund der taz-Veröffentlichung eine Nachfrage eingeleitet.

Gibt es denn keinen offiziellen Bericht der Polizeibeamten über diesen Vorfall?

Lüken:Nein, es liegt dazu kein Bericht vor.

Normalerweise müssen Polizeibeamte doch aber über solche Vorfälle Berichte anfertigen. Heißt das, die Beamten haben nirgendwo vermerkt, daß sie Filme sichergestellt haben?

So ist es.

Was wollten die Beamten denn mit den Filmen?

Da spekulieren wir beide.

Was würde denn normalerweise mit den Filmen passieren?

Das kommt darauf an, aus welchen Gründen die Filme sichergestellt wurden. Wenn sie aus strafprozeßualen Gründen sichergestellt worden wären, dann würde das Filmmaterial dem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren beigefügt. Wenn die Filme aus polizeirechtlichen Gründen sichergestellt worden wären – was ich mir eigentlich nicht vorstellen kann – dann würden sie wieder ausgehändigt werden. Aber das ist alles hypothetisch, weil ich den Vorgang nicht kenne.

Können Sie sich denn vorstellen, warum die Beamten dem Fotografen die Filme weggenommen haben?

Man hat ja auch ein Recht am eigenen Bild – vielleicht war das ein Grund.

Aber Polizisten sind bei einer solchen Großveranstaltungen doch Personen der Zeitgeschichte. Außerdem kann die Redaktion die Gesichter mit Balken schwärzen.

Das ist richtig. Sie tun aber jetzt so, als sei das alles so abgelaufen. Ich kann dazu schwer was sagen, weil ich den Sachverhalt ja noch gar nicht feststellen und die Motive hinterfragen konnte. Wenn das allerdings grundlos, das heißt ein reiner Racheakt gewesen sein sollte, von den Beamten innerhalb des Einsatzes, dann wäre diese Vorgehensweise natürlich von mir mit aller Entschiedenheit zurückzuweisen. Aber soweit bin ich noch nicht.

Eine taz-Redakteurin wurde ohne Angabe von Gründen nicht zur Sielwall-Kreuzung durchgelassen, obwohl sie einen gültigen Presseausweis vorzeigen konnte und ihre Kollegen hinter der Absperrung arbeiteten. Warum?

Das weiß ich nicht. Fakt ist aber, daß, wenn Sie sich mit einem ordentlichen Presseausweis ausweisen können und es keinerlei Gründe gibt, sie nicht durchzulassen – das wäre aber zum Beispiel der Fall, wenn die Kreuzung abbrennen würde – dann sind Sie durchzulassen. Es gibt darüber auch eine klare Vereinbarung zwischen dem deutschen Presserat und der Innenministerkonferenz.

Gibt es denn klare Anweisungen bezüglich der Presse an die Polizeibeamten?

Ja. Den Journalisten ist natürlich Gelegenheit zu geben, ihre Arbeit zu machen, und zwar auch in solchen Einsätzen. Es gibt gewisse Grenzen, zum Beispiel, wenn es zu gefährlich wäre, Journalisten durchzulassen. Aber das darf nicht zu einer Schikane-Maßnahme werden. Es geht nicht, einen Journalisten nicht durchzulassen – ohne Angaben von Gründen.

Werden Sie Konsequenzen aus diesen beiden Vorfällen ziehen?

Wir werden diese Vorfälle im Rahmen der Nachbereitung auswerten. Sicherlich. Das wird immer gemacht, und zwar mit Hinblick auf den nächsten Einsatz.

Fragen: Kerstin Schneider

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen