Kein Pardon für Fernseh-Leute. Leser zum Schlagloch von Friedrich Küppersbusch: Mir kommen die Tränen
betr.: „Augen geradeaus“, taz vom 17. 10. 01
Lieber Herr Küppersbusch, warum erregen Sie sich so über die „ Schlau-, Drücke- und Enzensberger, (. . .) Besserwisser und vornehmen Bilderfresser“? Sollten wir nicht froh darüber sein, dass es dieser Tage überhaupt noch kritische Stimmen gibt, die „Desinformation, Kriegshetze und Lügenpropaganda“ entlarven und dies auch schon vor dem 11. September getan haben?
Sie schreiben, die Fernsehschaffenden sollten mal anders betrachtet werden denn als wohlfeile Opfer. Opfer? Mir kommen gleich die Tränen! Leuten, die ihre Brötchen damit verdienen, die Menschheit mit Lügen, Werbung, Flachtalks und anderem Dreck zu überziehen, würde ein wenig Selbstkritik gut zu Gesicht stehen.
Vielleicht ist es ja gerade die oftmals verharmlosende Art und Weise, wie beispielsweise Ihr Brötchengeber, n-tv, die Themen der Weltwirtschaft als eine Art unvermeidliches Monopoly verpackt und serviert, die manchem Globalisierungsverlierer übel aufstoßen könnte.
Vielleicht können Sie mich auch darüber aufklären, warum Frau Maischberger (die Sie ja produzieren) im Talk mit einem „gestandenen“ Fernsehjournalisten und einem Medienwissenschaftler, deren Behauptung, die „Wickert-These“ sei dumm und töricht, nicht weiter analysiert und stattdessen später die Frage stellt, ob Journalisten in dieser Zeit patriotisch sein sollten? Gut, dass wenigstens Günter Grass den „Fall Wickert“ in Ihrer Sendung geradegerückt hat. BORIS SCHLENSKER, Berlin
So hervorragend die Berichterstattung der taz in den ersten Tage nach der New Yorker Katastrophe war, so bedenklich wird sie, wenn sich in die absolut notwendige, sachlich fundierte Berichterstattung und Bewertung der aktuellen dramatischen Entwicklungen so mancher Verbalrambo-Kommentar einschleicht, bei dem man sich nur wundern kann. Bitte mehr Hintergründe, mehr „andere“, echte Informationen, aber keine schwadronierenden Stammtischkommentatoren. Die helfen niemandem.
Gänzlich absurd wird es, wenn der Kollege Küppersbusch den großen Mitleidsklingelbeutel für Fernsehproduzenten schüttelt. Dass man an seinem Medium, vor allen Dingen am Fernsehen, verzweifeln kann, kann ich verstehen (ich arbeite auch fürs Fernsehen), aber gerade jetzt eine Absolution einzufordern, statt wirklich kritisch sein Tun und Lassen zu hinterfragen, das kommt mir reichlich larmoyant und eitel vor. Sorry, musste mal gesagt werden. PHILIP GASSMANN, München
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