: Minister droht Zahnärzten
■ Niedersächsisches Sozialministerium droht beim Streit um Zahnärzte-Honorare mit Anordnung
Hannover Der seit der Bonner Gesundheitsreform 1992 andauernde Streit um die Honorarabrechnungen der Zahnärzte in Niedersachsen geht in eine neue Runde. Die niedersächsische Landesregierung geht jetzt in die Offensive. Sozialminister Walter Hiller (SPD) drohte am Freitag in Hannover damit, die Abrechnungsmaßstäbe vom Ministerium festsetzen zu lassen. Die Kassenzahnärztliche Vereinigung Niedersachsen (KZVN) sei trotz gerichtlicher Entscheidungen nicht bereit, die Honorarabrechnungen für ihre 3.800 Mitglieder endlich korrekt zu regeln, kritisierte der Minister. Die niedersächsische KZVN wies in einer Stellungnahme die Kritik des Ministeriums zurück und kündigte an, einer entsprechenden Anordnung des Ministeriums nicht nachzukommen.
Bereits im Januar habe das Sozialgericht Hannover entschieden, daß dievereinigten Kassen-Zahnärzte ihren Honorarverteilungsmaßstab ändern müsse, sagte Ministeriumssprecher Thomas Steg. Dem seien die Kassenzahnärzte trotz der gerichtlichen Aufforderung immer noch nicht nachgekommen.
Derzeit teile die KZVN jeder Zahnarztpraxis einen bestimmten Anteil an der rund eine Milliarde Mark zu, die den Krankenkassen zur Vergütung der Behandlungen in Niedersachsen zur Verfügung stehe, sagte der Ministeriums-Sprecher. Dieser Maßstab sei nicht leistungsbezogen, meinte Steg. Als Folge ergebe sich, daß beispielsweise zwei Zahnärzte für die gleiche Leistung eine unterschiedliche Vergütung bekämen. Das müsse dringend geändert werden.
Der Sprecher der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, Julius Beischer, ließ sich aber nicht beeindrucken. Er sagte, die Drohung des Ministeriums gehe ins Leere. Hiller könne zwar einen Honorarverteilungsmaßstab beanstanden, er dürfe aber nicht einen neuen anordnen. Das sei der Vertreterversammlung der Zahnärzteschaft vorbehalten. Beischer wies darauf hin, daß es auch in Bayern und Hessen nahezu identische Regelungen wie derzeit in Niedersachsen gebe. In diesen Ländern würden die Honorarverteilungsmaßstäbe allerdings nicht von den Aufsichtsbehörden beanstandet.
Nach Stegs Angaben werden vor allem junge, noch nicht etablierte Zahnärzte durch die derzeitige Regelung benachteiligt. Beim Sozialministerium hätten sich bereits mehrere Jungärzte gemeldet, die wegen des derzeitigen Honorarverteilungsschlüssels für erbrachte Leistungen mehrere 10.000 Mark nicht bekommen hätten. Steg betonte, sollte die KZVN nicht einen leistungsbezogenen Vergütungsmaßstab beschließen, werde das Sozialministerium als Aufsichtsbehörde diesen anordnen. dpa
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