: Mineralfasern: Warten auf Bericht
■ Berlin fehlt Bericht zu Krebsgefahr durch Dämmaterial / Verwaltung: Wenn Aussagen zutreffen, Folgen für die Stadt
Geheimniskrämerei – die Gesundheitsverwaltung hat Schwierigkeiten, an den Bericht dreier Bundesbehörden über das Krebsrisiko von künstlichen Mineralfasern zu kommen. Wie die taz am Dienstag dieser Woche berichtete, fordern die Grünen auf Grund der erst kürzlich bekanntgewordenen Studie, umgehend Schulen und Kindertagesstätten zu untersuchen, weil in großen Mengen zur Wärme- und Geräuschdämmung eingesetzte Materialien als krebserregend gelten.
Die schlechte Zusammenarbeit mit Bundesgesundheitsamt (BGA), Umweltbundesamt (UBA) und Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Unfallforschung (BAU), von denen der Bericht stammt, begründete Robert Vogel von der Abteilung Umweltmedizin gegenüber der taz damit, daß dieser Bericht offenbar nicht in schriftlicher Form ausgearbeitet und der Öffentlichkeit nicht offiziell vorgestellt worden sei. In dem Bericht wird der Bundesregierung empfohlen, künstliche Mineralfasern in die Liste der krebserregenden Substanzen aufzunehmen.
Unstrittig sei, daß auf Berlin ein „außerordentlich komplexes Problem“ zukomme, sagte Vogel weiter. Im Gegensatz zu Asbest gebe es eine Vielzahl von Produkten mit Mineralfasern unterschiedlicher Qualität. Weil aber beispielsweise Dämmatten nicht deklariert seien, wisse man nicht, welche Fasern in ihnen verarbeitet worden seien. Um Lungenkrebs auszulösen, müssen die Fasern kürzer als fünf und dünner als zwei millionstel Meter sein.
Auf Grund der bisher vorliegenden Untersuchungen schließt Hermann Fromme von der Gesundheitsverwaltung Gefahren wie bei Asbest aber aus. In Innenräumen soll es zu keinen nennenswerten erhöhten Konzentrationen von Mineralfasern kommen. Die Fasern würden aber bei der Verarbeitung von Dämmaterialien und bei dem Abriß von Häusern freigesetzt – dann seien sie in der Tat gefährlich.
Die Grünen behaupten dagegen, daß etwa bei tiefergehängten Decken, auf denen die Fasermatten unverpackt herumliegen, eine Gefahr für die Gesundheit drohe. Diese Deckenkonstruktion sei vor allem in Gebäuden angewendet worden, die in den 60er und 70er Jahren gebaut worden sind, meinte Bernd Köppl, gesundheitspolitischer Sprecher von Bündnis 90/ Grüne. Dem grünen Abgeordneten will die Gesundheitsverwaltung nicht ausdrücklich widersprechen. Wenn der Bundesarbeitsminister die Empfehlung der drei Bundesbehörden umsetze, die Fasern als krebserregend einzustufen, „hat das auf jeden Fall Folgen“, sagte Fromme. Sobald der Bericht in Berlin eintreffe, so kündigte Vogel gegenüber der taz an, „werden wir mit der Bauverwaltung die Konsequenzen klären“. Dirk Wildt
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