■ GASTKOMMENTAR: Minenhund Momper
Alle wissen es, wenn sie am 18. September den SPD-Landesvorstand neu wählen, daß dieses Tal der Tränen keinen Ausweg kennt. In einem Jahr gibt der angeschlagene Wedemeier auf. Und dann? Kommt Zeit, kommt Momper, mögen manche gedacht haben. als sie in einem Atemzug Wedemeiers Sturz verhinderten und ihn als Spitzenkandidaten ablehnten; anders ist der Beschluß, den Spitzenkandidaten erst in einem Jahr zu wählen, nicht zu deuten. Mit dem nicht! Das ist Parteikonsens. Und er sieht es genauso. Wenn es anders wäre, müßte er kämpfen, so wie er für ein weiteres Jahr im Amt gekämpft hat. Der Bundesratsvorsitz hat ihn hochmotiviert. Wer das politisch schwer nachvollziehen kann, muß psychologisch werden. Wenn dieser vermeintliche Gipfel des Wedemeier-Wachstums überschritten ist, lockt nichts mehr. Erneuter Wahlverlierer mag er nicht mehr sein.
Die Genossen haben das längst begriffen, nur soll jetzt keiner in dem Kübel rühren. Darum die Wut über jene, die es jetzt zur Halbzeit wissen wollten, obwohl die immer mehr bestätigt werden. Wie hätte denn ein Wedemeier handeln müssen, der wirklich weiter will? Natürlich hätte er zum Vorsitz im Senat jetzt auch den Vorsitz in der Partei ergreifen müssen. Dem Halbzeitparteitag, wenn er denn kommt, hätte er die Fanfaren neuer Senatsinitiativen vorblasen müssen, die er mit neuen Köpfen ergreift.
Nichts von all dem geschieht. Ein Interimsverwalter, vielleicht der kluge Thomas von der Vring oder der sympathische Christian Weber, tritt an die Spitze der Partei mit einem saft- und kraftlosen Vorstand. Vor diesem einjährig freiwilligen Bürgermeister braucht keiner im Senat zu zittern. Er hat auch nicht die Kraft, dieser Fraktion eine Senatserneuerung abzuringen. Das Risiko bei geheimen Abstimmungen ist ihm zu groß.
So sieht es aus, wenn die Genossinnen und Genossen am 18. September die Weichen stellen. Die Zeit, wo kein Vertrösten mehr hilft, kommt bestimmt. Ob aber Momper kommt, ist mehr als fraglich. Nach seinem Berlindesaster muß er sich eigentlich weigern, in Bremen Minenhund zu werden. Es sei denn, Umfragen gäben Anlaß zur Hoffnung. Wer macht sie? Der Senat? Wohl kaum. Horst-Werner Franke, Senator a.D.
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