: Milošević unter Druck
■ Tschetnik-Führer: Für Massenmord in Srebrenica ist Milošević verantwortlich
Belgrad/Den Haag (AP/AFP/ taz) – Der serbische Tschetnikführer Vojislav Šešelj hat sich bereit erklärt, vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag auszusagen. Er habe „unwiderlegbare Beweise“ dafür, daß der serbische Präsident Slobodan Milošević für die Kriegsgreuel in Srebrenica verantwortlich sei, sagte er gestern in Belgrad. Der Ultranationalist Šešelj, dessen Milizen selbst im Verdacht schwerer Kriegsverbrechen in Bosnien stehen, teilte mit, die Operationen in Bosnien seien weder von Serbenführer Karadžić noch von dessen Armeechef Mladić befehligt worden, sondern von Milošević. Ohne Wissen Miloševićs sei der Sturm auf Srebrenica im vergangenen Sommer, bei dem bis zu 7.000 Muslime Massenerschießungen zum Opfer gefallen sein sollen, nicht möglich gewesen. Noch heute würden die Generäle der bosnischen Serben von Belgrad bezahlt. Šešelj fügte hinzu, er habe sich in Den Haag erkundigt, ob gegen ihn etwas vorliege. Da dies nicht der Fall sei, habe er seine Aussage angeboten. Die Ermittler des Internationalen Tribunals bereiten unterdessen die baldige Exhumierung von Leichen aus Massengräbern in Srebrenica vor. Dies erklärte der Sprecher des Tribunals, Christian Chartier, gestern in Den Haag. Die Ermittler des Tribunals seien bereits vor Ort. „Die Exhumierungen erlauben Rückschlüsse darauf, wie viele Menschen auf welche Weise getötet wurden“, sagte Chartier. Wer für die Hinrichtungen zur Verantwortung zu ziehen sei, werde durch die Öffnung der Gräber freilich nicht geklärt.
Das Massengrab, das am Sonntag vom US-Gesandten John Shattuck aufgesucht worden war, werde aber „ausdrücklich“ in der Anklageschrift vom 16. November 1995 gegen Karadžić und Mladić erwähnt. Shattuck hatte nach seinem Besuch in der Region am Montag in Belgrad erklärt, die Beweise für Massenhinrichtungen von Muslimen bei der Eroberung Srebrenicas durch die bosnischen Serben seien eindeutig.
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