: Millionär Henle soll löhnen
■ Staatsanwaltschaft im Duisburger Parteispenden–Prozeß fordert eine halbe Million Mark Geldstrafe für den Klöckner–Chef / Staatsanwalt: Finanzamt wurde „getäuscht“ / Das Urteil wird für Gründonnerstag erwartet
Von Jakob Sonnenschein
Duisburg (taz) - Im Duisburger Parteispendenprozeß gegen den der Steuerhinterziehung angeklagten Klöckner–Chef J.A. Henle hat die Staatsanwaltschaft am Mittwoch eine Geldstrafe in Höhe von 500.000 DM (250 Tagessätze a 2.000 DM) gefordert. Für den Bonner Oberstaatsanwalt Dropmann hat die Beweisaufnahme eindeutig erbracht, daß der Angeklagte über den wahren Verbleib der Spenden an die „Staatsbürgerliche Vereinigung“ (SV) und weitere sechs Sammelvereine Bescheid wußte. Die gespendeten 2,6 Mio. DM, die zu einer Steuerhinterziehung von 1,3 Mio. DM geführt haben, seien vom Angeklagten für die CDU und die FDP bestimmt gewesen. Er habe das Finanzamt „getäuscht“. Als strafmildernd wertete der Staatsanwalt, das „penetrante Drängen der politischen Seite“, die immer wieder um Geld gebettelt habe. Der „Langmut“ und die „Gutgläubigkeit“ der Finanzbehörden gegenüber den Spendenwaschanlagen seien ebenfalls zugunsten des Angeklagten zu gewichten. Der Steueranspruch sei durch diese Laxheit aber keinesfalls verfallen. Ohne dieses Verhalten der Finanzverwaltung wäre, so der Staatsanwalt, eine Freiheitsstrafe fällig gewesen. „Es tut mir leid, ich kann die Darstellung des Angeklagten nicht nachvollziehen und akzeptieren.“ Mit diesen Worten bewertete der Staatsanwalt die Einlassung des Angeklagten vom Vortage. Henle hatte am Dienstag vor Gericht in einer umfangreichen Erklärung jegliches Wissen um die Weiterleitung der Spenden an die CDU und FDP bestritten. Selbst über den wahren Zweck der „Staatsbürgerlichen Vereinigung“, die insgesamt 227,5 Millionen DM Spenden von der Großindustrie mobilisierte und das Geld vor allem an die CDU weiterschob, will er erst bei der Durchsuchung seiner Büros erfahren haben. Über die Weiterleitung der SV–Gelder an die CDU, so hatte der Generalbevollmächtigte des CDU–Schatzmeisters Leisler– Kiep, Uwe Lütje, demgegenüber vor Gericht ausgesagt, wußte die Großindustrie „mit Sicherheit“ Bescheid. Der ehemalige BDI–Präsident Fritz Berg, zugleich langjähriger Vorsitzender der SV, hatte in Spenderbriefen, u.a. an den Vater des Angeklagten, immer wieder als Ziele der Vereinigung die Bekämpfung „der neo–marxistischen Tendenzen“ und die Rettung der „freien Marktwirtschaft“ genannt. Am heutigen Donnerstag wird die Verteidigung plädieren. Nach dem bewährten Muster im sogenannten „Steilmann–Verfahren“ wird die Verteidigung auf Freispruch plädieren. Der Bochumer Unternehmer Steilmann war im vergangenen Jahr vom Gericht - trotz objektiv festgestellter Steuerhinterziehung - freigesprochen worden, weil dem Spender subjektiv der Vorsatz nicht nachgewiesen werden konnte. Mit dem Henle–Urteil wird am Gründonnerstag gerechnet.
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