Milliardenkredite für US-Autobranche: Abgeordnete billigen Rettungspaket
15 Milliarden für General Motors, Chrysler und Co: Das US-Repräsentantenhaus stimmt dem Auto-Rettungspaket. Nun muss der Senat zustimmen - doch die Republikaner sperren sich.
WASHINGTON ap/afp/dpa Das US-Repräsentantenhaus hat sich auf staatliche Finanzhilfen für den Autosektor des Landes geeinigt. Die Abgeordneten stimmten am Mittwoch in Washington mehrheitlich für Kredite in Höhe von bis zu 15 Milliarden Dollar für die angeschlagenen Autohersteller. 237 Mitglieder des Repräsentantenhauses sprachen sich für das Rettungspaket aus, 170 dagegen.
Das Gesetz, das vor allen den angeschlagenen Konzernen General Motors und Chrysler zugute kommen soll, muss nun noch vom Senat, der zweiten Parlamentskammer, gebilligt werden. Vor allem republikanische Mandatsträger stehen dem Eingriff des Staates in die Autobranche kritisch gegenüber. Die Republikaner verfügen im Senat über eine Sperrminorität.
Verlautbarungen zufolge sollen die raschen staatlichen Hilfen an die Autokonzerne mit massiven Auflagen verbunden werden. Ein Regierungsbeauftragter, ein sogenannter Autozar, der noch vom scheidenden Präsidenten Bush benannt wird, erhält demnach weitgehende Machtbefugnisse über die Konzerne. Unter anderem soll er ein Vetorecht bei allen Geschäftsvorgängen wie Investitionen, Vereinbarungen und Verträgen haben, wenn das Volumen 100 Millionen Dollar oder mehr beträgt. Der "Autozar" soll zudem Einblick in sämtliche Bücher und Aufzeichnungen der Unternehmen erhalten.
Am Morgen hatten Mitglieder der demokratischen Mehrheitsfraktion im Kongress bereits von einer Grundsatzeinigung gesprochen und weitere Details genannt. Demnach sollen die Konzerne bis Ende März Vereinbarungen mit Gewerkschaften, Gläubigern und anderen Beteiligten treffen, die ihr Überleben sichern. Andernfalls würden die Regierungsgelder zurückgezogen und es bliebe nur noch der Bankrott, hieß es aus Kreisen von Regierung und Parlament.
Die demokratische Präsidentin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, sagte, mit dem Rettungspaket gebe man der Autoindustrie eine letzte Chance. Auch das Weiße Haus warb für das Programm. Sprecherin Dana Perino erklärte, damit werde sichergestellt, dass die notwendigen Umstrukturierungen auch tatsächlich stattfänden.
Die demokratische Kongressmehrheit und das Weiße Haus hoffen auf eine Zustimmung des Senats am Donnerstag und eine Umsetzung des Hilfsprogramms bereits zum Ende dieser Woche. Mehrere republikanische Senatoren kündigt jedoch ihr Veto an und forderten strengere Auflagen an die Autokonzerne als Voraussetzung für staatliche Hilfen.
Das Paket finde bei seinen Parteikollegen nicht die notwendige Unterstützung im Kongress, um verabschiedet werden zu können, erklärte der republikanische Senator George Voinovich, der selbst ein Befürworter des Rettungsprogramms ist. Auch sein Parteikollege Bob Corker sagte, das Paket stoße bei den Republikaner auf sehr wenig Zustimmung. "Die Leute merken, dass die Vorlage unglaublich schwach ist und das Produkt einer Regierung, die das Problem aufschieben und jemand anderem überlassen will", erklärte er.
Der republikanische Minderheitsführer im Repräsentantenhaus, John Boehner, sagte, das Rettungsprogramm fordere "die Steuerzahler auf, weiter ein Geschäftsmodell zu subventionieren, das den Bedürfnissen der amerikanischen Arbeiter und Verbraucher nicht gerecht wird".
Die von massiven Absatzeinbrüchen bedrängten "Großen Drei" der US-Autoindustrie, General Motors (GM), Ford und Chrysler, hatten 34 Milliarden Dollar von der US-Regierung erbeten. Vor allem die Opel-Mutter GM und Chrysler erklärten, sie benötigten zum Überleben noch vor Jahresende Hilfszahlungen in Milliardenhöhe. Ford will lediglich eine Kreditlinie von 9 Milliarden Dollar, um sich gegen eine weitere Verschlechterung der Konjunktur abzusichern.
Auch die deutschen Kfz-Hersteller fordern von der EU zusätzliche Milliardenkredite. Diese wollen sie zur Unterstützung ihrer Forschung und Entwicklung umweltfreundlicher Autos einsetzen. Der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, beziffert in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur den Kreditbedarf auf 20 bis 40 Milliarden Euro. 2007 unterstützte die EU die Autoindustrie mit zinsgünstigen Krediten in Höhe von 7,2 Milliarden Euro. Auch die Autozulieferer setzten auf diese Hilfen. Für sie und die Autobauer sei es derzeit wegen der Finanzkrise sehr schwer, an günstige Kredite heranzukommen.
Wissmann sagte: "Die deutschen Autohersteller wollen sich jetzt weltweit an die Spitze des Wettbewerbs für umweltfreundliche Fahrzeuge setzen." Man werde damit verstärkt auch die US-Autohersteller auf dem amerikanischen Markt angreifen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!