piwik no script img

Mietexplosion und Preisimplosion

■ Steuerreform treibt Mietpreise in die Höhe. Geringere Bau- und Bodenpreise erwartet. Euroflucht immer schwieriger

Berlin (taz) – Zu Mietpreissteigerungen bei neugebauten Wohnungen von bis zu 44 Prozent könnte die in der Steuerreform geplante Streichung steuerlicher Vergünstigungen für AnlegerInnen führen. Zu diesem Ergebnis kommt das Bonner Marktforschungsinstitut Empirica in der neuen Capital.

Zur Zeit würden vom Fiskus für jeden Quadratmeter neugebauter Wohnfläche indirekt bei Spitzenverdienern bis zu 1.800 Mark beigesteuert. Dieser Betrag würde sich durch die Steuerreform um mehr als 50 Prozent verringern. Die Steuerreformpläne sehen eine Senkung des Spitzensteuersatzes sowie den Wegfall der degressiven Abschreibung vor. Um die hierbei entstehenden Finanzeinbußen zu decken, müßten die Mieten drastisch erhöht werden. So müßten in Köln und Bielefeld rein rechnerisch 26 Prozent, in München sogar 44 Prozent mehr verlangt werden.

Allerdings wird es dazu nach Einschätzung von Empirica-Chef Ulrich Pfeiffer nicht kommen. Die Mieten könnten nicht in dem erforderlichen Maß angehoben werden, was einen fluchtartigen Ausstieg vieler AnlegerInnen aus der Branche zur Folge hätte. Der frei finanzierte Wohnungsbau werde von derzeit jährlich 120.000 Einheiten auf rund 30.000 Einheiten zurückgegehen. Davon werden vor allem InvestorInnen profitieren, die ihr Objekt schon weitgehend entschuldet haben. Sie haben die Steuervergünstigungen ausgekostet und können nun höhere Mieten kassieren. Außerdem werde der Eigenheimbau durch die Entwicklung angekurbelt.

Wer seine Groschen auf dem Immobilienmarkt anlegen möchte, sollte also noch warten. Denn mit dem möglichen Ausstieg vieler InvestorInnen aus dem Markt könnten die Bau- und Bodenpreise um bis zu 30 Prozent sinken. Obwohl die Empirica-Studie mit vielen Unbekannten jongliert, läßt sie den Schluß zu: Schutz für euroskeptische Kapitalanleger bietet der Immobilienmarkt nur noch begrenzt. Oliver Schilling

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen