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Archiv-Artikel

Mieterhöhung nach ethnischer Herkunft

DISKRIMINIERUNG Ein Vermieter in Kreuzberg bedenkt bei Mietsteigerung deutschstämmige Mieter mit 4, nichtdeutschstämmige mit bis zu 125 Prozent. Nicht rechtens, meint die Diskriminierungsbeauftragte

Bei Familie Omairat herrscht Entsetzten. Seit elf Jahren wohnt die dreizehnköpfige Familie in einer Fünfzimmerwohnung an der Kochstraße. Mieterhöhungen ist man gewohnt – im Rahmen von 20 bis 100 Euro, sagt Frau Omairat. Doch Mitte Februar erreichte sie ein Schreiben ihrer Hausverwaltung, das die Erhöhung der Nettokaltmiete von bisher 668,06 Euro auf 1.566,51 Euro ankündigt – eine Steigerung von mehr als 125 Prozent.

Grund für die Mieterhöhung sei das Auslaufen der Senatsförderung des ehemaligen Sozialwohnungsbaus an der Kochstraße 25, heißt es in dem Schreiben der „Claus-Hausverwaltung“. Alles rechtens also. Doch was die arabischstämmigen Mieter erstaunt: Nachbarn deutscher Herkunft sollen wesentlich geringere Mieterhöhungen zahlen.

Deutsch sein lohnt sich

Im gleichen Häuserblock wohnt auch die Fotografin Kristin Schnell mit ihrer Tochter. Sie soll künftig lediglich 20 Euro mehr zahlen. Und dieses Vorgehen scheint System zu haben: Nur Mieter mit arabisch oder türkisch klingenden Namen hätten die bis zu 125-prozentigen Mieterhöhungen erhalten. Deutschstämmige Mieter dagegen durchweg wesentlich geringere, sagt Schnell.

„Die extreme Mieterhöhung ist rechtens und Ergebnis des sozialen Wohnungsbau der Stadt Berlin“, sagt Sebastian Jung vom Berliner Bündnis Sozialmieter, das die MieterInnen der Kochstraße berät. Seit dem Ausstieg des Senats aus der Anschlussförderung des sozialen Wohnungsbaus dürfen Vermieter den dadurch fehlenden Betrag auf die Mieter umlegen: „Kostenmiete“ nennt man das. Der Mieter bekommt immerhin ein Sonderkündigungsrecht. Zwar gibt es eine Härtefallregelung des Senats, die Mietausgleich oder Umzugshilfe für die Betroffenen anbot, doch diese läuft 2011 aus.

Dass jedoch eine Umlegung der Kosten abhängig vom Herkunftsland der Mieter rechtens sein könne, daran hat Eren Ünsal, Leiterin des Berliner Antidiskriminierungsbüros, große Zweifel. „Eine Mieterhöhung ist nicht rechtens, wenn sie Mietparteien aufgrund eines einzelnen Merkmals benachteiligt“, sagt Ünsal. Ob sie die Mieterhöhungen an der Kochstraße bereits prüfe, wollte sie allerdings aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht sagen.

„Die Nachbarschaft in diesem Haus hat immer super funktioniert, wir haben ein prima Sozialleben“, sagt die Mieterin Kristin Schnell: „Gegen dieses Rassismus muss man kämpfen.“

Die zuständige Hausverwaltung wollte sich zu ihrem Vorgehen auf Nachfrage der taz nicht äußern. SARAH KOHLHAUER