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Mieten begrenzenJetzt schnell noch auf die Bremse!

Die Mieten steigen weiter deutlich, doch die Mietpreisbremse läuft 2025 aus. Mieterbund, DGB und Städtetag fordern eine rasche Verlängerung.

Hoffen auf die Verlängerung der Mietpreisbremse: Berlin Marzahn am Abend Foto: Jochel Eckel/imago

Berlin taz | „Die Mietpreisbremse muss gerettet werden“, sagt Lukas Siebenkotten ohne Umschweife am Freitag in Berlin. Das ist sicherlich keine Überraschung. Er ist schließlich der Präsident des Deutschen Mieterbundes – und seitdem die Ampel-Regierung gescheitert ist, steht eins der wichtigsten Mieterschutzinstrumente auf der Kippe. Die Mietpreisbremse sei derzeit „das wirksamste Instrument“ bei der Mietbegrenzung von Neuverträgen und wichtig, um „exorbitante Mietsteigerungen abfedern“, so Siebenkotten auf einer Pressekonferenz von Mieterbund, Städtetag und Deutschem Gewerkschaftsbund. Große Wohnungskonzerne würden sich jetzt schon auf das Auslaufen der Bremse freuen.

Die Mietpreisbremse begrenzt in stark nachgefragten Gegenden die Miethöhe, wenn eine Wohnung neu vermietet wird. Bei Vertragsabschluss darf die Miete höchstens 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Das gilt aber nur in angespannten Wohnungsmärkten – und wo das der Fall ist, legen die jeweiligen Landesregierungen fest.

Bislang gilt die Mietpreisbremse noch bis Ende 2025. Die Regierung aus SPD, Grünen und FDP hatten sich im Koalitionsvertrag eigentlich vorgenommen, diese zu verlängern. Wobei man sagen muss: Der damals dafür zuständige, aber inzwischen zurückgetretene Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat dieses Vorhaben so offensiv blockiert und hinausgezögert, dass man durchaus anzweifeln kann, ob er überhaupt jemals vorhatte, es umzusetzen.

SPD und Grüne würden die Verlängerung der Mietpreisbremse auch nach dem Regierungsbruch noch gern durchs Parlament bringen, aber dafür müssen sie sich Mehrheiten organisieren. Die FDP hat aber bereits angekündigt, einer Verlängerung auf keinen Fall zuzustimmen.

Berliner CDU und CDA für Mietpreisbremse

Lukas Siebenkotten erinnert daran, dass die Mietpreisbremse 2015 unter einer schwarz-roten Regierung eingeführt wurde. Er appelliert damit an CDU und CSU: „Machen Sie den Weg frei“. Von der Union gehen derzeit widersprüchliche Signale aus. Der wohnungspolitische Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag, Jan-Marco Luczak, lehnt eine Verlängerung ab.

Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, befürwortet sie. Auch der Sozialflügel der CDU, die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft (CDA), sieht das so, wird aber nicht unbedingt Rot-Grün zu einer Mehrheit verhelfen. „Vor der Wahl werden wir nicht zwingend die Versäumnisse der Ampel-Regierung ausbaden“, antwortet die CDA auf Nachfrage der taz. Man wolle die Mietpreisbremse künftig auch anpassen, damit Mieter ihre Rechte besser durchsetzen können.

Oft heißt es: Man müsse sich mit der Verlängerung der Mietpreisbremse nicht beeilen. Auch eine neue Regierung könnte sich noch drum kümmern, da die Mietpreisbremse noch bis Ende 2025 gilt.

Die Zeit drängt

Dieser Auffassung widerspricht aber Mieterschutzpräsident Siebenkotten. Für ein ordnungsgemäßes Verfahren nach der Wahl bliebe keine Zeit. Vielleicht wolle die künftige Jus­tiz­mi­nis­te­r:in einen neuen Entwurf erstellen, dann brauche es noch die Verbändeanhörung und die Länder müssten zudem festlegen, wo ein angespannter Wohnungsmarkt vorliegt. Das könne mehrere Monate dauern. Es brauche jetzt eine parlamentarische Gesetzesinitiative.

Momentan gilt die Preisbremse bei Neuvermietungen in 13 der 16 Bundesländer. In den 410 Gemeinden in Deutschland, die als angespannte Wohnungsmärkte gelten, leben laut Mieterbund rund 30 Prozent der Gesamtbevölkerung – etwa 26 Millionen Menschen.

Burkhard Jung, Vizepräsident des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeister von Leipzig, spricht von einer „sehr, sehr ernsten Situation.“ Die Sorge, in Zukunft noch bezahlbare Wohnungen zu finden, treibe viele Menschen um. Die Mietpreisbremse sei zwar nicht perfekt, aber ein „wichtiger Baustein“ gegen exzessive Mietsteigerungen, so der SPD-Politiker. Erst kürzlich habe es in Leipzig ein Urteil gegeben, das den Vermieter zu Rückzahlungen überhöhter Miete verpflichtete, berichtet Jung.

Tatsächlich kennt die Mietpreisbremse aber viele Ausnahmen. Sie gilt zum Beispiel nicht für Bauten, die ab Oktober 2014 erstmals vermietet wurden. Eine weitere Ausnahme sind Wohnungen, die umfassend modernisiert wurden. Bei möblierten Wohnungen gilt die Mietpreisbremse zwar offiziell, aber dadurch, dass Möblierungsaufschläge nicht ausgewiesen werden müssen, ist die Obergrenze ziemlich intransparent. Werden Wohnungen „zum vorübergehenden Gebrauch“, vermietet, etwa für Handwerker, die nur für einen bestimmten Auftrag in einer anderen Stadt sind, dann greift die Bremse auch nicht. Diese sogenannten Kurzzeitvermietungen werden oft als Umgehungsstrategie genutzt.

Stefan Körzell, Vorstandsmitglied Deutschen Gewerkschaftsbund, fordert, diese Schlupflöcher zu schließen und Verstöße zu ahnden. Beim bezahlbaren Wohnen hätte „der Markt versagt.“ Es dürfe jetzt „keine parteipolitischen Spiele auf dem Rücken der Mieterinnen und Mieter geben.“ Sonst sei der soziale Zusammenhalt im Land gefährdet.

Rückenwind für die Verlängerung kommt auch aus Hamburg. Die Hansestadt werde „noch in diesem Jahr einen Gesetzentwurf zur Verlängerung der Mietpreisbremse in den Bundesrat“ einbringen, erklärte die Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Karen Pein (SPD).

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8 Kommentare

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  • "Beim bezahlbaren Wohnen hätte „der Markt versagt."

    War da bei den Gesetzen der Marktwirtschaft nicht so was mit Angebot und Nachfrage? Und Rendite eines Kapitalinvestments?

    Warum wird das Mieten teurer? Hohe lokale Nachfrage trifft auf geringes Angebot. Neu gebaut wird nicht in dem Maß, dass die Nachfrage befriedigt wird. Warum nur machen die Investoren so etwas blödes? Warum nur wollen die bei hoher Nachfrage ihre Sachen nicht unter die Leute bringen? Das wäre doch der feuchte Traum jedes Kapitalisten, das ihm die Menschen sein Zeug aus den Händen reißen.

    Könnte das möglicherweise an der Mietpreisbremse liegen, an dem umfassenden Mieterschutz in Deutschland, an den Anforderungen an den Bau und Betrieb der Wohnanlagen, an den vielfältigen Bestimmungen bis hin zur neuen Solardachpflicht, etc. pp.

    Egal: die Kapitalisten rücken ihre Kohle nicht für den Bau bezahlbaren Wohnraums raus.

    Man müsste sich vielleicht mal fragen: Warum tun die das nicht? Könnte es sein, dass aus Sicht der Kapitalisten das Risiko nicht von der Renditeerwartung aufgewogen wird?

    Und dann: was könnte man tun, um das zu ändern?

  • Bleibt die Frage, wer in Zeiten schwindender Mieteinnahmen noch in den Wohnungsneubau investieren soll...

    • @Der Erwin:

      Wo schwinden die Mieteinnahmen? Die Mieten steigen.

  • Asoziale Marktwirtschaft. Profit ist wichtiger als die Gesellschaft.

    • @Andreas J:

      Kauf ne Wohnung für 500.000 EUR und vermiete diese für 380,00 nettokalt.



      Wie jetzt: das lohnt sich nicht??

      • @Der Erwin:

        Was bedeutet sich lohnen? Und ihr Vergleich ist dumm, weil komplett übertrieben.

    • @Andreas J:

      Ah, die Kapitalisten enteignen. Für die Gesellschaft. So wird alles gut.

      Oder?

      • @EIN MANN:

        Eine soziale Marktwirtschaft die den Namen auch verdient währe ein Anfang. Kapitalismus in seiner jetzigen Form ist kein Naturgesetz, auch wenn das zunehmend so gesehen wird. Der Kapitalismus muss den Interessen der Gesellschaft dienen und nicht denen einzelner. Das sich das Kapital immer mehr auf einzelne konzentriert haben sie schon mitbekommen, oder? Deutschland liegt da ganz weit vorn und die soziale Mobilität nimmt immer weiter ab.