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Michiko spricht nicht mehr

Tokio (taz) – Kaiserin Michiko war gestern bei vollem Bewußtsein, konnte im kaiserlichen Krankenhaus die Zeitung lesen und mit dem Tenno die Mahlzeiten einnehmen. Nur sprechen konnte sie nicht mehr. Am Mittwoch, ihrem 59. Geburtstag, war die japanische Kaiserin einem Schlaganfall erlegen. Seit Wochen sah sich die von vielen Kaisertreuen als zu fortschrittlich empfundene Michiko einer Hetzkampagne in der konservativen Presse ausgesetzt, die in der Geschichte japanischer Hofberichterstattung ihresgleichen sucht. Michiko wurde in seriösen Zeitschriften ob ihrer Sitten beschimpft, zu viele Privatgäste zu empfangen, zu spät ins Bett zu gehen oder ihre Dienerschaften rüde zu behandeln. Hinter den Attacken werden Hofbeamte aus der Zeit von Kriegskaiser Hirohito vermutet, welchen die Öffnung des Lebens am Hofe unter seinem Sohn Akihito zu weit geht. Michikos empfindliche Gesundheit dürfte den Kritikern während ihrer Zeit am Hofe nicht entgangen sein. Georg Blume

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