: »Metropolis«
■ Fritz Langs UFA-Streifen im Metropoltheater
Metropolis« im Metropoltheater der werdenden Metropole: Berlin, das Hauptstadt werden möchte, projiziert sich sein eigenes Bild. Im Sinne der »self-fullfilling prophecy« möchte es dem ähnlich werden, was in ihm Geschichte geworden ist. Mit der Vergangenheit in die Zukunft — zweifelhaft ist das herbeizitierte Modell, weckt es doch zu sehr Assoziationen an eine bereits eingelöste Geschichte, mit seiner naturalisierten Arbeiterwelt unter der Erde und seiner gestriegelten Oberschicht, mit seiner christlichen Erlösermetaphorik und seinem metaphysisch verbrämten Freiheitskampf.
Um Klartext zu reden: am Freitag abend, den 12.10., wurde erstmals wieder und bislang einmalig der Stummflim »Metropolis« von Fritz Lang (von 1925/26) mit der »Originalmusik der UFA für großes Orchester« von Gottfried Huppertz vom DEFA-Sinfonieorchester unter Leitung von Berndt Heller im Metropoltheater in Berlin Mitte live aufgeführt. Zu diesem Zweck war der Film von Enno Patalas (Münchner Filmmuseum) ergänzt und neu montiert, die UFA-Orginalmusik von Berndt Heller (in Zusammenarbeit mit dem Kulturreferat der Stadt München) rekonstruiert worden: Es traf sich gut, daß man mit dieser Restaurierungs- und Reoriginalisierungsleistung neben der Metropolenwiedergeburt auch gleich Fritz Langs 100. Geburtstag vorab feiern konnte. Und die Los Angeles-Partnerschaft.
Viel Pathos im Vorspann gewissermaßen. Die an solchem nicht notleidende Expressivität des Films wurde durch die Musik nun mit weiterem Pathos unterlegt. Lautmalerische und illustrative Verdoppelung der Bilder: die Explosion der Dampfmaschinen wurde mit Fanfaren eingeblasen und die Missionsszene in der Katakombenkirche mit Orgelmusik gefüllt. Die zu Maria hingezogene Seele des Helden wurde hörbar als endloser Geigenstrich — und der Zuschauer durch Auftakt, Zwischenspiel und Furioso gut auf seine Rolle als Metropolenbewohner hinkathartisiert.
Der Stadt sei Dank, daß sie gelegentlich ihre S-Bahnen durch die Vorstellung schickte und in konkreter Musik im Bahnhof Friedrichstraße einlaufen ließ. Im übrigen: Wäre es aus gegebenem Anlaß nicht viel naheliegender gewesen, den viel zu selten gezeigten Film »Die Spione« wieder einmal vorzuführen? Michaela Ott
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