Anschläge in Frankreich: Höchste Terrorwarnstufe ausgerufen

In Nizza hat ein Mann mit einem Messer mehrere Menschen getötet. In Avignon konnte die Polizei einen Gewaltakt vereiteln.

Ein Polizist mit Maschinengewehr trägt Mund-Nasenbedeckung und steht vor einem Krankenwagen

Die Polizei hat den Bereich um die Kirche Notre-Dame in der Innenstadt von Nizza abgeriegelt Foto: Norbert Scanella/imago

PARIS taz | In der Basilika Notre-Dame de l'Assomption im südfranzösischen Nizza hat ein mutmaßlicher Islamist bei einem Messerangriff drei Menschen getötet und weitere Personen verletzt. Nach bisher unbestätigten Angaben von Medien soll eines der beiden weiblichen Todesopfer in der Kirche enthauptet worden sein. In Frankreich gilt deswegen nun die höchste Terrorwarnstufe. Es sei die Stufe „Urgence Attentat“ des Anti-Terror-Alarmplans „Vigipirate“ ausgerufen worden, sagte Premierminister Jean Castex in der Nationalversammlung in Paris.

Zu den Opfern gehöre auch der Wächter dieser Kirche, die sich im Zentrum der südfranzösischen Stadt zwischen dem Bahnhof und dem Chagall-Museum befindet. Der Attentäter wurde von Polizisten bei seiner Festnahme im Gotteshaus verletzt. Die Polizei war von Anwohnern der Basilika alarmiert worden.

Eines der schwerverletzten Opfer konnte sich zunächst in ein Café retten, wo es aber kurz darauf verstarb. Zwei andere Personen erlagen noch in der Kirche ihren Verletzungen. Über den Gesundheitszustand der anderen Verletzten wurden keine Angaben veröffentlicht.

In Nizza ist der Schock enorm. Vor vier Jahren war es dort zuletzt zu einem Anschlag gekommen: Vor einem Feuerwerk zum Nationalfeiertag am 14. Juli 2016 war ein in Nizza lebender Tunesier mit einem Lkw auf der Strandpromenade in die Menge gerast. 86 Menschen fanden den Tod, fast 500 wurden verletzt. „Heute sind wir erneut Opfer des Islamo-Faschismus, das steht außer Zweifel“, hat der Bürgermeister der Stadt, Christian Estrosi, erklärt.

Behörden sehen Tat als terroristischen Anschlag

Auch der Attentäter, dessen Identität zunächst nicht bekannt war, wurde laut Medienberichten mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus gebracht. Beim Transport in einer von Polizisten eskortierten Ambulanz soll er laut dem Sprecher der Polizeigewerkschaft Unité SGP, Laurent Martin de Frémont, mehrfach „Allahu Akbar“ gerufen haben.

Gegen ihn ist von der Pariser Antiterror-Staatsanwaltschaft wegen „Mord und Mordversuch aus terroristischen Motiven“ ein Untersuchungsverfahren eingeleitet worden. Das bestätigt, dass für die Behörden kein Zweifel daran bestehen, das es sich beim Blutbad in der Basilika um einen vorsätzlichen terroristischen Anschlag handelt.

Die Bedrohungslage war den Behörden bekannt. Nur zwei Wochen ist es her, dass in Conflans-Sainte-Honorine bei Paris der Lehrer Samuel Paty von einem jungen Tschetschenen angegriffen und enthauptet wurde, weil er die umstrittenen Mohammed-Karikaturen im Unterricht gezeigt hatte.

Seither hat sich die Spannung nicht gelegt. Ganz im Gegenteil: Die Solidaritätsbezeugungen mit Paty und allen Lehrern und Lehrerinnen haben in einigen muslimischen Staaten und vor allem in der Türkei noch Öl ins Feuer gegossen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan sah darin einen Anlass zu einer verbalen Eskalation im Streit mit dem französischen Staatschef Emmanuel Macron, den er einer islamophoben Hetzkampagne bezichtigt.

Vorfälle in Avignon und im saudischen Dschidda

Noch am Dienstag hatte ein Propagandaorgan der Terrororganisation al-Qaida wegen der erneuten Publikation der Mohammed-Zeichnungen Frankreich mit „Vergeltung“ bedroht und dabei namentlich religiöse Einrichtungen wie christliche Kirchen als potenzielle Angriffsziele genannt. Bereits in der vorigen Woche war die polizeiliche Bewachung von Kirchen Synagogen und Moscheen vom Innenministerium verstärkt worden. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat angekündigt, er werde sich zusammen mit Innenminister Gérald Darmanin nach Nizza begeben.

Derweil kam es bis zum frühen Donnerstagnachmittag zu zwei weiteren Vorfällen: Im ebenfalls südfranzösischen Avignon hat die Polizei einen mutmaßlichen Angreifer getötet, der Passanten mit einer Waffe bedroht haben soll. Derzeit gebe es keine Hinweise auf einen Terrorhintergrund, berichteten Polizeikreise am Donnerstag.

Außerdem hat ein Mann am französischen Konsulat in Dschidda in Saudi-Arabien einen Sicherheitsbeamten angegriffen und leicht verletzt. Der Täter sei festgenommen worden, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur SPA am Donnerstag. Der Mann sei um die 40 Jahre alt und habe den Wächter mit einem „scharfen Werkzeug“ angegriffen, sagte Polizeisprecher Mohammed al-Ghamdi demnach. Die genauen Hintergründe der Tat blieben zunächst unklar.

Die französische Botschaft in Riad sprach in einer Mitteilung von einer „Messerattacke“. Der verletzte Wachmann sei bei einer Sicherheitsfirma angestellt, erklärte die Botschaft, ohne dessen Staatsangehörigkeit zu nennen. Saudische Sicherheitskräfte hätten den Täter unmittelbar nach dem Angriff überwältigt. Die Botschaft verurteilte die Attacke scharf. Man habe das Vertrauen in saudische Behörden, die französische Gemeinde im Land zu schützen. Franzosen in Saudi-Arabien wurden zugleich zu „höchster Wachsamkeit“ aufgerufen. (mit dpa)

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