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Archiv-Artikel

„Merkel hat im Osten keinen Bonus mehr“

Einen Wettbewerb um die Reformverlierer kann die CDU nicht gewinnen, sagt Medienberater Michael Spreng

taz: Im CDU-Spezialwahlkampf Ost soll Angela Merkel ihre ostdeutsche Biografie herauskehren. Hilft Merkels Ostbonus der CDU in den neuen Bundesländern?

Michael H. Spreng: Ich bin der Auffassung, dass sie von der Mehrheit der ostdeutschen Wähler nicht als spezielle Vertreterin von Ostinteressen wahrgenommen wird, sondern als das, was sie ist: eine Bundespolitikerin. Sie hat keinen Ostbonus mehr. Ich glaube auch nicht, dass man den wieder aktivieren kann. Das würde aufgesetzt und wenig authentisch wirken. Es wäre sinnvoller, einen Mann wie Dieter Althaus, der als thüringischer Ministerpräsident natürlicher Interessenvertreter ist, im Kompetenzteam von Frau Merkel herauszustellen.

Muss die CDU ihren Wahlkampf in den neuen Bundesländern ostdeutsch ausrichten?

Nein, man sollte klarmachen, dass man die Probleme ernst nimmt. Aber es hat keinen Sinn, einen extra Wahlkampf zu machen. Die Misere Deutschlands ist so groß, dass sie nur durch bundespolitische Veränderungen behoben werden kann.

Ignoriert ein einheitlicher Wahlkampf nicht existierende Unterschiede zwischen Ost und West?

Das zentrale gemeinsame Problem von Ost und West ist, dass es zu wenig Wachstum und zu wenig Arbeitsplätze gibt.

Frau Merkel selbst hat gesagt, dass der Osten in Teilen anders sei.

Speziell in den neuen Bundesländern gibt es eine höhere Zahl von Reformverlierern als im Westen. Und diese Verlierer, die sich keine Perspektive mehr auf dem Arbeitsmarkt ausrechnen, sind natürlich anfällig für demagogische Forderungen, welche die neue Linkspartei erhebt. Insofern sollte sich die CDU primär an die Wähler wenden, die Lust auf Zukunft haben, die Arbeit haben oder berechtigte Hoffnungen, wieder Arbeit zu finden.

Die CDU soll die Verlierer ignorieren?

Einen Wettbewerb mit Wahlgeschenken um die Reformverlierer kann die CDU nicht gewinnen. Es gibt ja immerhin noch 65 bis 70 Prozent andere Wähler, die nicht die Linkspartei wählen. Um die sollte sich die CDU kümmern.

INTERVIEW: ANNA LEHMANN