Press-Schlag: Menschen wie du
■ Stoiber und Waigel: Der Kommentar
Ob Theo Waigel diese Stimme immer schon hatte? Irgendwie befremdlich, wie nicht von dieser Welt. Wie gesampelt aus den knarzenden Tonfragmenten alter Automaten. An irgendwas erinnert sie einen immer, man kommt bloß nicht drauf. Edmund Stoibers Stimme ist langweilig. Genauso langweilig wie das Herrchen aussieht. Trotzdem streng, wenn es sein muß: „Großer Fehler“, schimpft er einen Fußballer. Einem weniger prominenten Radio- Hilfskommentator hätte Antenne Bayern-Reporter Viktor Worms vielleicht ein schlichtes „Schmarrn“ repliziert. Bei der Live- Übertragung des Münchner Lokalderbys hatte er aber dicke Prominenz auf der Bank. Ministerpräsident Stoiber (FC Bayern) und Finanzminister Theo Waigel (1860). Da muß man vorsichtig sein: „Ich denke, Herr Ministerpräsident, das kann man ihm nicht vorwerfen.“ Sehr richtig. Ausgewogenheit ist Trumpf. Kein Vorwurf an niemanden. Auch an ihn – Worms – nicht. Was soll er machen, als Stoiber immer recht zu geben und über jeden noch so verschnarchten Joke von Waigel herzlich zu kichern.
Um hin und wieder selbst zu Wort zu kommen, darf Worms nicht trödeln, denn was so ein mitteilsamer Politiker ist, der hört nicht so schnell auf, wenn er erst mal dran ist. Das doziert sonor und unablässig (Stoiber), bzw. nölt penetrant (Waigel) vor sich hin und blockiert den Äther. Wobei man zugeben muß, daß die beiden Plaudertaschen durchaus Ahnung vom Fußball haben. Sie kennen mehrere Spieler, wissen was ein Fünfmeterraum ist und protzen mit ihrer sportlichen Vergangenheit. Sie haben Ahnung, mindestens soviel wie Oberreporter Worms, der „wenn es denn ein Handspiel gewesen wäre, hätte es wohl einen Elfmeter geben müssen“ sagt. Ach was? Das hätte ein Dümmerer auch gewußt, ganz zu schweigen von Edmund Stoiber, der angeblich schon mal oberbayrischer Schülermeister war und im Finale das entscheidende Tor geschossen hat. Hört, hört! Wenn es einem nicht zu blöde wäre, möchte man das fast mal überprüfen. Da ist Theo Waigels sportliche Vita rascher nachvollzogen: als Rechtsfüßler zuwenig zu bieten, daher Umstellung auf linken Fuß. Nun sogar in der Auswahl des Bundestages auf Linksaußen. Welcher Scherz da aus Viktor Worms hervorbrach, muß man nicht näher erläutern.
Bleibt zu fragen: Was haben sich die Antennler davon versprochen? Den „das sind ja Menschen, wie du und ich“-Effekt? Nun, den haben sie erreicht. Hin und wieder jedenfalls, wenn alle drei munter durcheinanderplappern. Der hektische Worms, der allzeit belehrende Stoiber und Theo Waigel. Knarzend und nölend. Eine Stimme, die einen an irgendwas erinnert. Man kommt nur nicht drauf. Albert Hefele
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