Die Vorschau: Melancholie und viel Rhythmus
■ Der Sänger und Gitarrist Bidinte aus Guinea-Bissau tritt am Samstag im Moments auf
Zurzeit finden die besseren „Roots-Nights“ nicht im Schlachthof statt, der diese Konzertreihe schon seit Jahren organisiert, sondern die Bremer Mitarbeiter der „Peace for Angola“-Kampagne bringen in diesem Sommer eindeutig die spannendere „Weltmusik“ in die Stadt. Im Juli veranstalteten sie den Auftritt des angolanischen Sängers Waldemar Bastos im Moments, und am Samstag wird dort mit Jorge Da Silva Bidinte aus Guinea-Bissau noch ein afrikanischer Trobadour seine Musik vorstellen.
Die beiden verbindet mehr als nur der gemeinsame Veranstalter. Bastos und Bidinte gingen ins Exil nach Europa und entwickelten dort erst ihren Stil, der jeweils die Kulturen der verschiedenen Heimat- und Gastländer mischt. Bei Bastos kam dabei eine spannende Mischung aus afrikanischen, brasilianischen und portugiesischen Einflüssen heraus. Bidinte, der nicht wie sein Kollege aus politischen, sondern aus ökonomischen Gründen emigrierte, entdeckte in Madrid den Flamenco. So findet sich in einigen seiner Songs neben der typisch afrikanisch hoch gespielten E-Gitarre und Rhythmusinstrumenten wie der Chéquere, dem Tama und dem gemeinen Waschbrett auch rasend schnell gespielte Gitarrenläufe eines spanischen Virtuosen. Im Idealfall führt dies zu einer faszinierenden Reibung zwischen den verschiedenen Klangwelten. Bei einigen Liedern aber kippt die feine Balance auch, so dass die Musik sich manchmal wie „Paco de Lucia goes native“ anhört.
Doch die meisten Kompositionen von Bidinte sind warme und traurige Gesänge, bei denen die guineanische Gumbé-Musik geschickt mit afro-portugiesischen Rhythmen vermischt wurde. Da Bidinte in Kreolisch singt (das für das booklet seiner CD „Kumura“ immerhin in englisch übersetzt wurde), wird das Bremer Publikum wohl kaum verstehen, ob er gerade von seinem Heimatort, einer Leprakolonie, einer Dorfschamanin singt oder davon, dass er auf dem Fußballplatz von einem tollwütigen Hund gebissen wurde.
Aber mit seiner weichen und doch sehr intensiven Stimme vermag er jeweils die Emotionen des Liedes zu vermitteln, selbst wenn man kein Wort versteht. Und deshalb „reisen“ seine Lieder auch besser als manch andere Weltmusiken, die lediglich durch ihre Exotik faszinieren. Bidinte macht moderne afrikanische Popmusik, die immer ein wenig melancholisch klingt und gerade deshalb sehr verführerisch wirkt. Wilfried Hippen
Bidinte spielt am 21. August um 20 Uhr im Moments
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