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„Meistens gehen Liebesgeschichten schlecht aus“

■ Patrice Leconte über seinen neuen Film Die Frau auf der Brücke, die Kunst des langsamen Aufbaus und seinen notorischen Streit mit der französischen Filmkritik über „Rufmord“-Kritiken im Herbst letzten Jahres

Begonnen hat der 1947 geborene Leconte seine Karriere mit Komödien und kommerzielleren Filmen wie Die Spezialisten (1985). Mit seinem neunten Spielfilm Monsieur Hire (1989) mit Sandrine Bonnaire und Michel Blanc wurde er international bekannt. Erfolge wie Der Mann der Friseuse (1990) und Ridicule (1995) folgten. Sein heute in Deutschland startender, insgesamt sechzehnter Film Die Frau auf der Brücke hatte in Frankreich nur 500.000 Zuschauer und lief damit weitaus schlechter als erwartet. Unterdessen hat Leconte den 100 Millionen Francs teuren Kostümfilm La veuve de St. Pierre beendet, mit Juliette Binoche, Daniel Auteuil und Emir Kusturica in den Hauptrollen, der seit 2 Wochen in den französischen Kinos läuft und Ende August auch in Deutschland zu sehen sein wird.

taz hamburg: Diesmal geht die Liebesgeschichte ja gut aus, im Gegensatz zu Ihren anderen Filmen...

Patrice Leconte: Im Französischen sagt man: Im Allgemeinen gehen Liebesgeschichten nicht gut aus. Das stimmt im Leben wie im Film. Ich habe nicht unbedingt einen Hang zum Malheur, aber ich mag die Traurigkeit, wenn sie schön ist. Die Frau auf der Brücke konnte nicht unglücklich enden. Gabor und Adele haben 90 Minuten lang nur einen Wunsch, sich in die Arme zu fallen. Es war unvorstellbar, das nicht zu zeigen.

Sie haben diese erotische Spannung ja auch in früheren Filmen sehr überzeugend inszeniert...

Ja auch Monsieur Hire begehrt die Frau, die gegenüber von ihm wohnt. Nur kann er diesen Wunsch nicht konkretisieren. Er hält sie niemals in seinen Armen. Das ist eine sehr dunkle Vision und wirklich frustrierend. Das kann man sich als Filmemacher nur einmal erlauben.

Dieser langsame Aufbau der Lust, die Entsagung, das Warten. Ist das Ihre eigene erotische Phantasie oder auch Prüderie...

Das ist eine Mischung von beidem. Ich habe es immer bevorzugt etwas anzudeuten, als es zu zeigen. Das betrifft nicht nur die Erotik. Etwas nur zu evozieren ist verwirrender. So wie im Leben. Es stimmt, dass ich bei einer bevorstehenden Liebeszene eher peinlich berührt bin. Eine Frau und einen Mann nackt in einem Bett zu zeigen ist reine Dokumentation. Wenn ich jedoch meine eigenen Phantasien bemühe, um dieses Problem zu umgehen, ist es aufregender.

Im Herbst letzten Jahres hatten Sie einen öffentlichen Streit mit einem Teil der französischen Filmkritik. Worum ging es Ihnen dabei?

Was ich nicht mehr akzeptiere ist, dass einige Kritiker mit so vielen Vorurteilen beladen sind, dass sie in drei Sätzen einen Film niedermachen. Das ist keine Kritik, sondern (Ruf-)Mord. Ich mache keine Filme, um vernichtet zu werden, sondern erwarte, dass sich ein Kritiker mit meinem Werk auf eine kultivierte Art und Weise auseinander setzt. Es wäre idiotisch, sich dagegen zu wehren, dass jemand meine Filme nicht mag. Mir ging es nur darum, wie man das artikuliert. Das Ganze hat allerdings nichts gebracht.

In Ihrem neuen Film La veuve de St. Pierre haben Sie dem Filmregisseur Emir Kusturica eine Hauptrolle gegeben. War das ihre Idee?

Ja. Ich suchte nach einer ungewöhnlichen Besetzung für diese Rolle eines zum Tode verurteilten Fischers, der 1851 auf einer kleinen franzöischen Insel in der Nähe Kanadas einen Menschen getötet hatte. Ich wollte neben Juliette Binoche und Daniel Auteuil nicht noch einen dritten franzöischen Star wie beispielsweise Gérard Dépardieu haben. Ich kannte Emir nicht, aber sein Aussehen passte zu dieser Rolle.

Haben Sie bereits Angebote aus Hollywood erhalten ?

Ja, mehrere. Aber diese Projekte haben mich nicht sehr gereizt. Es gibt immer noch dieses Angebot, ein Remake von Monsieur Hire zu machen. Das interessiert mich eigentlich nicht. Das Leben ist zu kurz, um einen Film zweimal zu drehen. Dann kam mir die Idee, die Hauptrolle mit Woody Allen zu besetzen. Das wäre witzig und es könnte sogar klappen. Interview: Jörg Tazman

siehe Filmübersicht

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