■ QUERBILD: Mein blühendes Geheimnis
Was tut Leo (Foto: Marisa Paredes) seit Jahren anderes, als eine innere Tiefkühlzeit zu durchleben, vom immer noch geliebten Ehemann verlassen, von der Beschäftigung – dem Schreiben von Kitschromanen – überfordert und so einsam, daß sie sich auf der Straße jemanden suchen muß, der ihr hilft, die zu eng gekauften Stiefeletten wieder loszuwerden? Das Verdrängen funktioniert nicht mehr: Die Krisen verdichten sich, werden körperlich greifbar. Und wenn sie Mutter und Schwester besucht, die voneinander mutmaßen, verrückt zu werden, dann meint auch Leo, bald fällig zu sein.
Pedro Almodovar macht Filme über Frauen, weil sie die spannenderen Menschen sind, und mit jedem seiner Filme scheint er recht zu bekommen. Mit Mein blühendes Geheimnis hat er ein Frauenporträt in der Tradition der großen amerikanischen Melodramen der 50er Jahre gedreht und hat doch etwas ganz Eigenes gemacht: eine Art Melomödie, in der die tristesten Momente des inneren Absturzes absurd-komische Abgründe freigeben, in ihrer Überspitzung den exaltierten Stimmungen akuter innerer Krisen realistisch nahekommend und bloß zeigend, wie melodramatisch gefühlte Wirklichkeit ist. Doch auch wenn Almodovars Frauen an ihrer Liebe und am Verlassenwerden leiden können: Gerettet werden sie nicht von einem anderen Mann, sondern von sich selbst – eben doch anders als in Hollywood.
Zum Glück ist Almodovar treu, und vereint hier einige seiner besten Schauspielerinnen: neben der hervorragenden Paredes etwa die wunderschöne Rossy de Palma als Leos Schwester und Chus Lampreave als erblindende Mutter der beiden. tom Abaton, Studio 1
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