: „Mein Vater ist gefährdet“
Nurul Izzah Anwar, die Tochter des inhaftierten malaysischen Ex-Vizepremiers Anwar Ibrahim, über sein Verlangen in einer deutschen Spezialklinik operiert zu werden
taz: Wie geht es Ihrem Vater?
Nurul Izzah Anwar: Er ist seit dem 25. November im Krankenhaus, weil er unter einem Bandscheibenvorfall leidet. Er will, wie von einem niederländischen Orthopädiechirurgen empfohlen, in einer Spezialklinik in München endoskopisch an der Wirbelsäule operiert werden. Doch die Regierung hat den Fall politisiert und versucht, sein Recht auf angemessene medizinische Behandlung zu verweigern. Die Regierung hat seine Bewachung im Krankenhaus verstärkt und sagt, er genieße Sonderrechte. Doch das Gegenteil ist der Fall.
Malaysia ist recht entwickelt. Warum kann Ihr Vater dort nicht angemessen behandel werden?
Die Ärzte in Malaysia sind sicher in der Lage, offen an der Wirbelsäule zu operieren. Doch das ist riskant, weil dabei Nerven beschädigt werden könnten. Gerade der Fall meines Vaters hat gezeigt, dass er gefährdet ist. Denn zunächst wurde er vom Polizeichef persönlich verprügelt, woher wahrscheinlich die Bandscheibenprobleme stammen. Dann gab es den Versuch, meinen Vater im Gefängnis zu vergiften. Wenn jetzt die endoskopische Operation die beste Methode mit dem geringsten Risiko ist, darf ihm das nicht verwehrt werden. Eine solche Behandung in Malaysia durchzuführen wäre viel teurer. Dann müsste erst die ganze Ausrüstung von Deutschland nach Malaysia gebracht werden, und es dauert, bis sie sicher funktioniert. In Malaysia ist die Atmosphäre angespannt, Ärzte und Schwestern werden belästigt und durchsucht.
Die Regierung sieht die Operation im Ausland als Vorwand Ihres Vaters, dem Gefängnis zu entkommen.
Wir haben der Regierung versichert, dass mein Vater nach der Operation nach Malaysia zurückkehren will. Mein Vater ist Teil der Reformbewegung und würde diese nie im Stich lassen. Für ihn wäre das politischer Selbstmord. Es böte Premierminister Mahathir die Chance, noch härter gegen die Opposition vorzugehen. Wenn mein Vater im Ausland bliebe, würde nur Mahathir davon profitieren und nicht die Reformbewegung.
Aber Ihr Vater könnte doch der Reformbewegung auch aus dem Ausland helfen?
Wenn mein Vater sich entschieden hätte, das Land zu verlassen, hätte er das vor seiner Verhaftung getan. Denn zwischen seiner Entlassung als Vizepremier und seiner Verhaftung lagen fast drei Wochen. Er ist ein Malaysier, der sein Land liebt und dort kämpft. INTERVIEW: SVEN HANSEN
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