Mehrheit für Frauenquote im Bundestag: Mutprobe für Christdemokratinnen

Wie die Opposition wollen auch die Frauen der Unionsfraktion eine feste Quote für Aufsichtsräte. Im Bundestag wäre eine Mehrheit für die Quote möglich.

Hofft auf den Mut der CDU-Frauen: Renate Künast. Bild: dapd

BERLIN taz | Kristina Schröder ist ganz allein unter Männern. Denn mit ihrer Einstellung zur Frauenquote trifft die CDU-Familienministerin nicht nur bei ihrer Kabinettskollegin, der Arbeitsministerin Ursula von der Leyen, auf Widerstand.

Nein, sämtliche Frauen der Union wollen dezidiert etwas anderes als ihre Ministerin: Die Frauen in der Partei wie auch in der Bundestagsfraktion fordern eine feste Quote für Aufsichtsräte: Von 30 Prozent sprechen sie in ihrem Leitantrag für das Delegiertentreffen der Frauenunion an diesem Wochenende. Nur ihre Ministerin macht nicht mit. Von "keine Quote" hat Kristina Schröder sich nur bis "freiwillige selbstgegebene flexible Quote", der sogenannten Flexiquote, entwickelt.

Die Stimmung zwischen Schröder und ihrer Basis ist deshalb nicht ganz so entspannt. Auf dem Bundesdelegiertentag wollte Schröder erst gar nicht erscheinen. Natürlich nur, weil sie sich um ihre Tochter kümmern will.

Mit dieser Konstellation ergeben sich nun Koalitionsfragen ganz neuer Art: Linke, SPD und Grüne wollen ebenfalls die feste Quote. Die Grünen haben sogar schon einen entsprechenden Gesetzentwurf eingebracht. Opposition und Unionsfrauen hätten - wenn sie denn gemeinsam abstimmten - eine Mehrheit, nämlich 335 von 622 Stimmen.

Diese schöne Zahl hat Renate Künast von den Grünen zu dem Vorschlag animiert, die Unionsfrauen sollten doch mit der Opposition dem Grünen-Gesetzentwurf zur Quote zustimmen. "Es ist Zeit für Mut" erklärte sie am Mittwoch. "Es ist Zeit für die Frauen im Bundestag zu sagen, hier gilt die Gewissensfreiheit, jetzt stimmen wir mal so ab, dass für Frauen was weitergeht."

In der Tradition früherer Allianzen

Natürlich möchte niemand aus den anderen Parteien einfach einem Grünen-Gesetz zustimmen. Doch SPD und Linke können sich durchaus vorstellen, sich auf eine gemeinsame Position zu verständigen. Sie hatten sogar die Unionsfrauen schon getroffen, um an die wenigen historischen gemeinsamen Beschlüsse vieler Frauen im Bundestag anzuknüpfen. 1992 hatten Unionsabgeordnete mit der Opposition der Fristenlösung beim Paragraf 218 zugestimmt (die das Verfassungsgericht später wieder kippte). 1997 stimmten die Frauen zusammen der Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe zu.

Doch diesmal lehnten die Unionsfrauen ab. "Sie durften sich nicht mit uns einigen", meint Christel Humme, Gleichstellungspolitikerin der SPD-Fraktion. "Die Strafparagrafen bei Abtreibung und Vergewaltigung damals betrafen das individuelle Gewissen. Diesmal geht es um mehr: Es geht um wirtschaftliche Interessen". Man werde die Unionsfrauen aber erneut einladen. "Ein gemeinsamer Entwurf, das wäre toll", so Humme.

Rita Pawelski, Chefin der Gruppe der Frauen in der Unionsfraktion, schmunzelt bei diesem Vorschlag: "Auf 335 bin ich auch schon gekommen," gibt sie zu, nicht ohne zu frotzeln: "Es ist interessant, dass die rot-grünen Frauen samt der ehemaligen Ministerin Künast erst jetzt in der Opposition so mutig sind."

Eine Einigung kann sie sich im Moment noch nicht vorstellen: "Wir warten nun erst einmal den Entwurf der Frauenministerin ab. In dessen Vorstufen sind durchaus interessante Ansätze: Eine Verdreifachung der weiblichen Aufsichtsräte etwa." Im Übrigen habe EU-Kommissarin Viviane Reding vor, die Quote ab 2012 auf EU-Ebene voranzutreiben.

Auch die Chefin der Parteifrauen, Maria Böhmer, gibt sich linientreu - gemäß der Linie von oben: "Bundesfrauenministerin Schröder bereitet ein Gesetz vor und alle sind herzlich eingeladen, dem Gesetz zuzustimmen, auch Frau Künast", lässt sie wissen - merkwürdigerweise kurz vor dem Spitzentreffen ihrer Gruppe, die mit dem Leitantrag etwas anderes verabschieden wird als die Ministerin will.

Als Kompromissangebot haben sie nur ein Surplus dazu gefügt: Bei den Vorstandsposten sei - im Gegensatz zu den Aufsichtsräten - eine Flexiquote denkbar. Kristina Schröder übrigens lässt die Gelegenheit zu einer Auseinandersetzung doch nicht verstreichen: Sie hat kurzfristig doch noch zugesagt, auf der Tagung zu sprechen.

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