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■ Die Bosnien-Friedenstruppe muß jetzt Vertrauen aufbauenMehr als schöne Fernsehbilder

Der Brückenbau der US-Pioniersoldaten über die Save gegen widrigste Wetterbedingungen lieferte zum Jahreswechsel eindrucksvolle Bilder. Für das Fernsehpublikum zu Hause in den USA und für die bosnische Bevölkerung. Noch wichtiger aber ist, daß die Entschärfung und Räumung der Landminen begonnen hat. Konnten diese ersten Maßnahmen der Ifor vielleicht erstes Vertrauen in die Realitätstüchtigkeit des Dayton-Abkommens schaffen, so haben Ifor- Kommandeur Smith, andere führende Vertreter der Truppe und US-Verteidigungsminister Perry dieses Vertrauen in den letzten Tagen wieder zerstört.

Sie behaupten, die Ifor sei für die Durchsetzung der uneingeschränkten Bewegungsfreiheit von Zivilpersonen in ganz Bosnien gar nicht zuständig, und versuchen, diese Aufgabe auf die (im übrigen noch gar nicht existente) UNO-Zivilpolizei abzuwälzen. Damit erwecken sie den Eindruck, als hätten sie das Abkommen nicht genau gelesen. Diese Äußerungen waren ähnlich schädlich für die Stimmungslage der Bevölkerung wie das tagelange Lavieren von General Smith gegenüber der Forderung der bosnischen Serben. Diese wollten die Unterstellung der derzeit noch von ihnen kontrollierten Vororte Sarajevos unter die Verwaltung der Muslimisch-Kroatischen Föderation um mehrere Monate verschieben.

Der Aufbau von Vertrauen jetzt ist jedoch wichtigste Bedingung dafür, daß die Umsetzung des Dayton- Abkommens in den nächsten zwölf Monaten gelingt und auch nach Abzug der Ifor fortgesetzt wird. Das kann es nur, wenn die Ifor umgehend sämtliche Verantwortlichkeiten aktiv übernimmt, die ihr in Dayton eindeutig übertragen wurden. Und die Ifor muß auch dort handeln, wo andere Kräfte, wie die UNO-Zivilpolizei, noch nicht präsent sind, und dort, wo die Verantwortlichkeiten im Dayton-Abkommen nicht klar geregelt wurden – zum Beispiel bei der Wiederansiedlung von Flüchtlingen in ihren Häusern oder beim Zugang von Menschenrechtsbeobachtern zu den Stätten mutmaßlicher Kriegsverbrechen – jeweils gegen den Widerstand von Vertretern der einen oder anderen Volksgruppe. Übernimmt die Ifor diese Rolle nicht, werden auch die gestern in Wien eröffneten Verhandlungen über vertrauensbildende Maßnahmen im militärischen Bereich sowie über die Festlegung von Obergrenzen für Waffen und Truppenstärken kaum zum Erfolg führen.

Andreas Zumach, Genf

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