: Mehr als eine Retro-Veranstaltung
■ „Wasser marsch“: Die Hamburger „Superpunk“ legen ihr zweites Album vor
Am Anfang war der Eindruck, es könnte sich bei Superpunk um eine Art Gimmick handeln: Da war etwa der Bandname, oder die bis heute kursierenden Vokabeln à la „All-Hamburger-Schule-Star-Band“ (Intro 2/01), deren spektakulärer Nimbus gelegentlich die Beschäftigung mit dem, was Superpunk tatsächlich sind/tun, zu ersetzen droht.
Indes bekäme der rumpelnde Soulpunk, den Superpunk auch auf ihrem zweiten Album Wasser marsch auf eine spannend-ambivalente Weise zwischen Liebhaberei und Ironie (oder zumindest: Brechung) spielen, bedeutend weniger Aufmerksamkeit, käme er nicht von Leuten, die in anderen bedeutenden (Hamburger) Bands waren oder sind. Was schade wäre: denn es gelingt hier, aus den Repertoires von Mod und Garage, „britischer Erzähltradition“ (Carsten Friedrichs, Gesang und Gitarre) und Working-Class-Stolz-Männerfreundschaftsmauscheleien ein stimmiges und dabei nicht regelhörig-retromäßiges Neues zu kombinieren. „Es gibt einen traditionellen Strang. Der wird dann halt gebrochen“, sagt Gitarrist Lars Bulnheim. „Seltsamkeiten finde ich wichtig“, ergänzt Thies Mynther (Tasteninstrumente). Da herrscht bei allem „V-Effekt“ (Intro) schmissiges Popverständnis vor, „rundum wohl soll man sich fühlen“ (Carsten Friedrichs). Nicht eben zum Wohlfühlen, aber identifikationsmäßig einladend sind die Geschichten, die Friedrichs dazu skandiert: von Außenseitern und durch die Verhältnisse Gebeutelten, denen bis zuletzt der Stolz nicht genommen werden kann. Und nicht zuletzt: Worte wie Fabrikant hätten wir uns in einem Liedtext auch nicht mehr so recht zu erhoffen gewagt.
Jetzt bittet man zur Release-Party: Neben dem brandneuen Video gibt es ein „making of“ und weitere Kurzfilme zu sehen. Und wenn nicht gerade „Soul-Stammtisch“- taugliches Vinyl kreist, spielen Boy Division. Die notorische Coverband hat ein Programm mit Superpunk-Stü-cken zusammengestellt, so dass auch auf Wohlfühlsmasher wie „Matula hau mich raus“ niemand wird verzichten müssen.
Alexander Diehl
Sonntag, 16 Uhr, Tanzhalle St. Pauli; Wasser Marsch erscheint am 12.2. bei L'Age D'Or
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen