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Mehr Freistunden im Westen

■ Schulsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) legt erstmals exakte Zahlen vor: Jede 30. Schulstunde findet nicht statt. Mittel für Vertretungen reichen nicht mehr aus. GEW fordert mehr Lehrer

An Berliner Schulen fällt jede 30. Unterrichtsstunde aus. Das entspricht einem Anteil von drei Prozent. An mehr als 40 Schulen ist die Situation noch dramatischer: Hier müssen die SchülerInnen damit rechnen, daß zehn Prozent ihrer Schulstunden ausfallen. Das ist das Ergebnis einer Studie, die Schulsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) gestern vorgelegt hat.

Nachdem das Thema Unterrichtsausfall zum Ende des ersten Schulhalbjahres hochgekocht war, besorgte die Schulverwaltung exakte Zahlen. Dabei stellte sich heraus, daß Tempelhof mit einem Unterrichtsausfall von durchschnittlich 4,9 Prozent an erster Stelle liegt, gefolgt von Neukölln (4,6 Prozent) und Tiergarten (vier Prozent). In den Ostbezirken klappt die Lehrerversorgung in der Regel besser. In Weißensee fallen die wenigsten Stunden aus (1,2 Prozent). Auch die Ursachen für den Lehrerausfall wurden erforscht. An erster Stelle stehen Krankmeldungen, weitere Gründe sind Wandertage und Schulfahrten sowie Fort- und Weiterbildung der Lehrer. Vor allem Gymnasien und Grundschulen sind davon betroffen. Bei Lehrermangel wird in den Schulen zuerst der Sportunterricht gestrichen. In Grundschulen verzichtet man an zweiter Stelle auf den Förderunterricht, in dem mit ausländischen und lernschwachen Kindern der Lehrstoff wiederholt wird. Um das Lehrerdefizit zu decken, wurden für das zweite Schulhalbjahr fast 130 Lehrer überwiegend aus dem Ostteil der Stadt in Westbezirke versetzt. Weitere 20 Lehrer werden noch folgen müssen, kündigte Stahmer an. Darüber hinaus ist eine „Lehrerfeuerwehr“ geplant, die kurzfristg bei Lehrermangel einspringen soll. „Mittelfristig müssen aber zusätzliche Vertretungsmittel für 600 Lehrer gewährt werden, um den Unterricht sicherzustellen“, so Ingrid Stahmer. 1996 habe der Senat die Mittel für Vertretungen um 1,7 Prozent gekürzt. Damit könne der Unterrichtsausfall aber nicht mehr ausgeglichen werden.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) forderte sogar eine Erhöhung der Vertretungsmittel auf zehn Prozent: „Die Personaldecke muß dicker werden“, sagte Erhard Laube, Vorsitzender der GEW Berlin. Er schlug vor, die Hälfte dieser zusätzlichen Lehrerstellen direkt den Schulen zur Verfügung zu stellen.

Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Volker Liepelt, forderte eine „Unterrichtsgarantie für die Berliner SchülerInnen“. Grundschulen müßten ihre Lehrervertretung selbst regeln, für Oberschulen dagegen müsse ein fachbezogener Vertretungsunterricht zentral organisiert werden. Julia Beck

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