: Mehr Asylbewerber im Jahr 1991
München/Bonn (ap/dpa) — In Deutschland ist die Zahl der Asylbewerber im Jahre 1991 nach Angaben des bayerischen Sozialministers Gebhard Glück auf eine Rekordhöhe von 256.112 angestiegen. Damit wurde die Höchstzahl von 193.000 im Jahre 1990 übertroffen. Glück wies auf seiner Jahrespressekonferenz am Freitag in München gleichzeitig darauf hin, daß insgesamt 520.000 nicht erledigte Aussiedleranträge in Deutschland vorliegen, die „weitestgehend“ von Deutschen aus der ehemaligen Sowjetunion gestellt wurden. Trotz der Aufnahmeverpflichtung der neuen Länder sei auch in Bayern mit 33.397 Asylanträgen die Vorjahreszahl überschritten worden. „Auf Dauer werden wir nicht um eine Grundgesetzänderung herumkommen, gleich ob es sich um eine europäische oder eine nationale Lösung handeln wird“, behauptete der CSU-Politiker. Bei der Unterbringung der Asylbewerber gebe es erhebliche Probleme. „Wenn es nicht anders geht, müssen auch Zelte aufgestellt werden“. Rund zwei Millionen Deutschstämmige in der ehemaligen Sowjetunion können nach Ansicht von Glück bei einem entsprechenden Aussiedlungswunsch in der Bundesrepublik aufgenommen werden. Voraussetzung dafür sei, daß sie nicht auf einmal, sondern auf bis zu sechs Jahre verteilt ankommen, sagte er.
Bundesinnenminister Rudolf Seiters (CDU) will künftig den Fluchtursachen in Osteuropa neben den erforderlichen asylrechtlichen Maßnahmen mit neuen Programmen entgegentreten. Nur so lasse sich der Wanderungsdruck auf Dauer reduzieren, betonte Seiters am Freitag in Bonn. Für die südost- und osteuropäischen Reformstaaten, aus denen mittlerweile rund zwei Drittel aller Asylbewerber kommen, bedeute dies in erster Linie die Verbesserung der wirtschaftlichen Möglichkeiten im Herkunftsland, erklärte der Minister. Biete sich dort die Aussicht auf eine gesicherte berufliche Zukunft, verringere sich die Bereitschaft, die Heimat zu verlassen. Deshalb habe das Innenministerium eine Reihe von Programmen gestartet, die im wesentlichen den Aufbau von Ausbildungszentren und die Förderung von Existenzgründungen umfassen.
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