Meer wird leer: Fische managen leicht gemacht
Wissenschaftler schlägt neue Methode zur Messung von Fischbeständen vor, um maximale Fangquoten zu erreichen, ohne die Bestände zu gefährden.
Wie lassen sich auf lange Sicht möglichst viele Fische fangen? Um diese Frage beantworten zu können, hat der Kieler Fischereibiologe Rainer Froese jetzt ein neues Verfahren vorgeschlagen. Im Kern geht es darum, den Fischbestand, der langfristig den größtmöglichen Ertrag verspricht, auf vereinfachte Weise zu ermitteln. Wird die Methode anerkannt, könnte sich die nachhaltige Fischerei in der EU schneller durchsetzen lassen.
Der Gedanke einer nachhaltigen Fischerei geht davon aus, dass die Fischer auf Dauer mehr fangen können, wenn sie nicht jedes Jahr die größtmögliche Menge an Fisch aus dem Meer ziehen. Forscher versuchen deshalb herauszufinden, wie viel von den diversen Beständen übrig bleiben muss, damit der Bestand im Folgejahr nicht einbricht und damit auch die Fänge drastisch zurückgehen. „Überfischung birgt das Risiko eines wirtschaftlichen Zusammenbruchs“, stellt die EU-Kommission in ihrer cs&page=&hwords=null:„Konsultation zu den Fangmöglichkeiten 2013“ fest.
Um diesen „höchstmöglichen Dauerertrag“ zu ermitteln, wird ein Bestand über lange Zeit wissenschaftlich befischt. Auf Basis dieser Stichproben wird der Bestand geschätzt und daraus der größtmögliche Dauerertrag abgeleitet. Dieses Verfahren ist aufwändig, weshalb bei vielen Beständen diese Daten nicht vorliegen. Selbst im relativ gut erforschten Nordostatlantik war 2012 nur der Zustand von 35 Prozent der Bestände bekannt.
„Nicht genügend Daten zu haben, lähmt uns“, sagt Christoph Zimmermann vom Institut für Ostseefischerei in Rostock. Jede Interessengruppe könne dann Maximalforderungen stellen. Umweltschützer leiteten daraus tendenziell ab, im Zweifel gar nicht zu fischen, während die Fischer darauf pochten, weiterzumachen wie bisher.
Der am Institut für Meeresforschung (IFM) Geomar arbeitende Froese hat zusammen mit Steven Martell von der kanadischen University of British Columbia versucht, die Fangmengen der Erwerbsfischer als Datengrundlage zu verwenden, wenn von Wissenschaftlern erhobene Daten nicht vorliegen. Diese Zahlen verbinden sie mit dem Wissen um die Regenerationsfähigkeit der Bestände. In einem Artikel für die Zeitschrift Fish and Fisheries stellen sie dar, dass der hieraus abgeleitete maximale Dauerertrag weitgehend den Schätzungen auf Basis wissenschaftlicher Stichproben entspricht.
„Das bringt uns weiter in der Diskussion“, findet Zimmermann nach erster Durchsicht des Artikels. Es sei gut, eine grobe einfache Methode an der Hand zu habe, wenn nicht ausreichend Daten vorlägen.
Würde Froeses Methode vom Internationalen Rat für Meeresforschung (Ices) anerkannt, hätte das Folgen. Die EU-Kommission hat verlangt, ab 2015 alle Bestände nach dem Prinzip des maximalen Dauerertrags zu befischen. Die Fischereiminister der Mitgliedstaaten haben das im Juni anerkannt, aber ein Hintertürchen offen gelassen: Liegen für einen Bestand nicht genügend Daten vor, kann die Anwendung des Prinzips bis 2020 aufgeschoben werden.
Peter Breckling vom Deutschen Fischereiverband sieht die EU heute schon auf einem guten Weg. Mehr als die Hälfte der 38 Bestände im Nordostatlantik, deren Zustand bekannt ist, wird laut EU nach dem Prinzip des maximalen Dauerertrags befischt. Der Anteil der Bestände, die sich innerhalb sicherer biologischer Grenzen bewegen, stieg in den vergangenen zehn Jahren von 29 auf 56 Prozent.
„Für uns ist diese Jubelmeldung zu kurz gesprungen“, sagt Karoline Schacht von der Umweltstiftung WWF und verweist auf eine andere Zahl: „47 Prozent aller untersuchten Bestände sind überfischt.“
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