Max Weber missverstanden: Kirchentags-Stakkato, Strandkörbe und Parkplätze:
Max Weber schrieb vor gut 100 Jahren, dass erst protestantischer Verzicht und Leistungsfixierung dem Kapitalismus zum Durchbruch verholfen hätten. Martin Luthers Protest gegen katholischen Schlendrian wird zum 500. Jubiläum von den Protestanten ausführlich begangen: Die fromme epd kündigt ein „Kirchentags-Stakkato“ in der „gottlosesten Region der Welt“ an. Die widerständigen Atheisten in Ostdeutschland werden generationenübergreifend ins Visier genommen: Der „Leipziger Kirchentag lockt mit buntem Familienprogramm“. Auch im Epizentrum des 500-Jahres-Events ist man sich für nichts zu schade: „Ostsee-Strandkörbe reisen nach Wittenberg“, um „Besuchern einen Ort zu bieten, wo sie Ruhe finden und innehalten können“. Dort braucht es dann natürlich noch „mehr Parkplätze“, weil ebenjene Besucher natürlich mit dem Pkw angepilgert kommen. Mit billiger Reklame den Bogen von öder Religion zu schnödem Mammon schlagen? Da haben die Protestanten Max Webers Werk „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“ gründlich missverstanden.
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