: Matthiesen im Erklärungsnotstand
■ Die Opposition wirft dem NRW-Umweltminister „Aktenmanipulationen“ vor
Düsseldorf (taz) – Der Düsseldorfer Umweltminister Klaus Matthiesen ist in den Verdacht geraten, Akten für den Untersuchungsausschuß des Landtags manipuliert zu haben. Von dem Ausschuß werden die Hintergründe einer fünf Millionen Mark teuren Anzeigenkampagne beleuchtet, mit der Matthiesen kurz vor der Landtagswahl 1990 für die Müllvermeidung geworben hatte. Für die Kampagne waren Matthiesen seinerzeit außerplanmäßige Mittel bewilligt worden. Im Kern geht es im Untersuchungsausschuß um die Frage, ob Matthiesen bei der Beantragung dieser Steuergelder das Finanzministerium durch Vorspiegelung falscher Tatsachen getäuscht hat. Außerplanmäßige Mittel dürfen nur dann gewährt werden, wenn „besondere, nichtvorhersehbare Gründe“ schnelles Handeln unabweislich machen. Die Opposition hegt seit langem den Verdacht, daß Matthiesen diese Dringlichkeit nur vorgetäuscht hat, um sich kurz vor der Landtagswahl noch einmal in Szene zu setzen.
Gegenüber dem Finanzministerium hatte Matthiesen seinerzeit die Dringlichkeit auch mit der bevorstehenden Schließung der DDR-Hausmülldeponien für Westmüll begründet. Tatsächlich war dieses Argument falsch, weil Hausmüll aus NRW nie in die DDR exportiert worden ist. Wenn im Ausschuß herauskäme, daß Matthiesen sich des DDR-Arguments bewußt zur Täuschung des Finanzministeriums bedient hätte, wären seine Stunden als Minister gezählt. Eine Antwort auf die tatsächlichen Motive sucht die Opposition deshalb in einem Berg von Akten, die Matthiesen bisher nur scheibchenweise herausrückte. Dabei geht es auch um die Frage, wie im Umweltministerium seinerzeit die Antwort auf eine Kleine Anfrage der CDU entstanden ist.
Die mißtrauisch gewordene CDU hatte schon kurz nach der Landtagswahl Aufklärung über die Antimüllkampagne begehrt. Aus den fotokopierten Akten geht hervor, daß Matthiesen selbst bei der Beantwortung der Anfrage beteiligt war und den ersten Entwurf mit handschriftlichen Änderungswünschen versehen hatte. Zur Überraschung der Düsseldorfer Opposition fehlten auf einer Seite dieses Entwurfes jedoch handschriftliche Änderungsvorschläge, auf die an anderer Stelle Bezug genommen wird. Und es gab seltsame Ungereimtheiten in der Schreibweise. Deshalb, so formulierte es der CDU-Obmann Hartmut Schauerte, dränge sich der Verdacht auf, „daß uns hier die Kopie eines gefälschten Originals vorgelegt worden ist“. Die Opposition glaubt, daß „verfängliche Anmerkungen“ des Ministers vertuscht werden sollten.
Erhärtet wird der Vorwurf durch den Vergleich von Kopien desselben Vorgangs, die der Umweltminister dem Finanzministerium überlassen hatte. Daraus geht hervor, daß die Kopie aus dem Umweltministerium am Ende den Satz „Mit der Bitte um Mitunterzeichnung“ aufweist, der sich zwar auch bei der Kopie aus dem Finanzministerium findet, hier aber mit einem kleinen „m“ geschrieben. Wie kann das gehen, wenn die Kopien vom selben Original gezogen wurden? Eine schlüssige Erklärung dafür steht von Matthiesen, der den Oppositionsparteien gestern eine „Verunglimpfung“ seines Hauses vorwarf, noch aus. Das Original, das den Verdacht ausräumen könnte, legte er bisher nicht vor. Walter Jakobs
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