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„Maßvolle Einschränkung“

■ Novellierung des Stasiunterlagen-Gesetzes geplant. Opferverbände fürchten den Beginn einer Amnestie

Berlin (taz) – Der Bund der Stalinistisch Verfolgten wittert Verrat. In der letzten Ausgabe der Verbandszeitschrift Stacheldraht prangert der Verein die vom Bundestag beabsichtigte Novellierung des Stasiunterlagen-Gesetzes an. „Die jetzigen Änderungsvorschläge“, heißt es im Blatt, „kommen dem Beginn einer Amnestie gleich.“

Im Visier der Opfervereinigung ist eine parteiübergreifend geplante Stichtagsregelung. Die Stasiaktenbehörde soll in den Fällen keine Auskunft mehr erteilen dürfen, in denen eine Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst der DDR vor dem 1. 1. 1976 „endgültig beendet“ wurde. Im Gegensatz zur bisher gültigen Praxis soll dann bei Personenüberprüfungen für diesen Betroffenenkreis eine Unterrichtung über eine frühere Stasimitarbeit entfallen, unabhängig von der Art und Weise oder den Grad der Verstrickung in Repressionsmaßnahmen der Stasi. Der Antrag, von CDU/CSU, FDP und SPD gemeinsam eingebracht, wird morgen im Innenausschuß des Bundestages beraten.

Zur Begründung der Novelle wird der Rechtsfrieden in der Bundesrepublik und die notwendige Integration ehemaliger Stasimitarbeiter angeführt. Daher heißt es im Entwurf vom 16. April: „Es ist angebracht, die Erteilung von Auskünften durch den Bundesbeauftragten maßvoll einzuschränken.“

Tatsächlich fürchten die Autoren des fünfseitigen Papieres aber mehr das Karlsruher Verfassungsgericht als mögliche Defizite beim Rechtsfrieden. Die Überlegung lautet: Sollte ein vergleichsweise unbedeutender Spitzel, dessen Stasizuträgerschaft auch noch jahrzehntelang zurückliegt, das oberste Gericht wegen seiner Abweisung beim öffentlichen Dienst anrufen – Karlsruhe könnte auf „Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“ entscheiden. Das Stasiunterlagen-Gesetz stünde in Frage. Dem wird jetzt vorgebeugt.

In der Gauck-Behörde werden die Pläne für die Stichtagsregelung eher skeptisch verfolgt. Die Mitarbeiter beim Bundesbeauftragten legen aber Wert auf die Feststellung, daß von der geplanten Neuregelung weder die Auskunftsrechte früherer Stasiopfer tangiert noch die Möglichkeiten für eine Strafverfolgung oder Forschung mittels der Stasiunterlagen beschnitten werden. Der Beirat der Gauck-Behörde hat hingegen gegen die Novelle schriftlich Protest eingelegt.

Eine Auskunft aus den Stasiakten soll es nach den Plänen von Koalition und SPD künftig auch bei der „Geringfügigkeit einer Stasi- Mitarbeit“ nicht mehr geben. Die Nachricht über eine inoffizielle Tätigkeit unterbleibt, wenn diese während des Wehrdienst erfolgte und „dabei keine personenbezogenen Informationen geliefert worden sind“. Keine Auskunft soll es auch geben, „wenn nach dem Inhalt der erschlossenen Akten feststeht, daß trotz einer Verpflichtung zur Mitarbeit keine Informationen geliefert“ wurden. Wolfgang Gast

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