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Massig Spaß mit Massenmord

Komödiantische Fritz-Haarmann-Fantasie voller Zitate: „Warte, warte nur ein Weilchen“ von Susi Duhme

Von Wilfried Hippen

„Der sieht ja aus wie Götz George!“, ruft eine Filmfigur aus, als der Geist von Fritz Haarmann erscheint. Gruselig ist diese Szene danach nicht mehr, denn Komik macht immer die Spannung kaputt. Als Zuschauer*in kann man sich dafür auf die Schulter klopfen, weil man die Anspielung verstanden hat und weiß, dass George den Serienmörder in Romuald Karmakars Kammerkrimi „Der Totmacher“ gespielt hat. Und die Filmemacher*innen machen mit dieser bescheidenen Pointe deutlich, dass sie wissen: Originell kann ein Film über Fritz Haarmann zumal in Hannover nicht sein, wo der Mörder zur Folklore gehört wie die Stadtmusikanten zu Bremen.

Nun wird Haarmann vom Drehbuchautoren Tobias Heil und der Regisseurin Susi Duhme auch nicht besonders ernst genommen. Von all dem, was in zahllosen Artikeln, Büchern, Fernsehsendungen und Spielfilmen über den Charakter Haarmanns und dessen Verbrechen erzählt wurde, ist so gut wie nichts in dem Spielfilm zu finden. „Haarmann ist für uns ein Symbol für das Böse“, sagt Susi Duhme dazu.

So ist er hier ein böser Geist, der auf einer Geburtstagsparty von gelangweilten Gästen bei einer Séance heraufbeschworen in einen der Partygäste fährt. Daraufhin geschehen im Bekanntenkreis der Protagonist*innen viele grässliche Morde, deren Modus Operandi allerdings nichts mit Haarmanns Taten zu tun hat. Wer ist also vom Bösen besessen und wie kann er oder sie exorziert werden? Für das Finale werden rote Kontaktlinsen eingesetzt, und Haarmann verschwindet wieder in der Unterwelt. Wie die Überlebenden danach die vielen Leichen erklären, die ihren Weg pflastern, wird nicht erzählt.

Packend und einfallsreich inszeniert ist das alles nicht. Viel wichtiger als ein stimmiger Plot war es den Filmemacher*innen, möglichst viele Zitate in ihr Werk zu packen. Es gibt 33, etwa alle drei Minuten eins, und „Hasta la Vista, Baby!“ aus „Terminator 2“ ist auch dabei. Aufwendiger wird es, wenn in einer Szene im Stil von David Lynch jemand vor einem roten Samtvorhang rückwärts spricht und Höhepunkt des Films ist eine Kopie der Duschszene aus „Psycho“.

Die Produktionsfirma „Independent Entertainment“ hat „Warte, warte nur ein Weilchen“ für ein Mikrobudget von 12.000 Euro verwirklicht: Er ist aus Spaß am Filmemachen gedreht, und bei allen Schwächen spürt man diese Filmbegeisterung. So ist er trotz oder sogar wegen seiner Schwächen nie langweilig.

Premiere:Sa, 24. 10., 10 Uhr., Cinestar Garbsen, Weitere Aufführungen: Hannover, Kino am Raschplatz; Rendsburg, Burgdorf, Celle und Neustadt am Rübenberge

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