■ Das Portrait: Markus Wegner
Nun rebelliert er nicht mehr. Vorerst jedenfalls. Markus Wegner, Initiator, Gründer, Spitzenkandidat der am Sonntag so erfolgreichen Wählervereinigung „Statt Partei“, läßt nach drei Monaten Sturm und Drang aufs Hamburger Rathaus keinen Zweifel daran, was für ihn jetzt auf der Tagesordnung steht. „Frühstücken“ am Tisch der Mächtigen. Die Einladung von Bürgermeister Henning Voscherau liegt dem „Robin Hood“ der Politikverdrossenen, wie sich Wegner im Wahlkampf so gerne bezeichnen ließ, bereits vor. Endlich, endlich ist er dort angekommen, wo es den vierzigjährigen Kleinverleger seit siebzehn Jahren hingezogen hat.
Warum haben sie ihn denn auch nicht schon vorher an den Tisch gebeten? Selbst schuld, diese Hamburger CDU, in der er bis zum Mai Mitglied war. Belächelt haben sie Wegner zuerst, dann als Querulanten beschimpft. Einer, der nicht nachließ, gegen die Mauer zu trommeln, die der frühere Landesvorsitzende Jürgen Echternach um seinen Parteienklüngel gezogen hat. Geschlossene Gesellschaft, kein Zutritt für Wegner, außen vor, kein Frühstück in Sicht. Was bleibt einem da übrig. Resignation? Nichts für Wegner, dem auch wohlwollende Mitstreiter eine Tendenz zur Profilneurose bescheinigen.
Also weiter. Klage gegen die CDU, gegen deren zum scheinheiligen Ritual verkommene innerparteiliche Demokratie. Und wieder wird er belächelt, nicht ernst genommen. Von den Christdemokraten, von den Medien, die Wegners Kampf kaum Beachtung schenken. Bis zum 4. Mai 1993. Da gibt das Hamburger Verfassungsgericht Wegners Klage statt.
Und weiter, Frühstück in Sicht. Robin Hood ruft die Verdrossenen zu sich. Und die kommen in Scharen. 100, 200, 300, 400 kleine Wegners
Initiator, Gründer und Spitzenkandidat der Hamburger Statt Partei Foto: Reuter
sammeln sich um ihren neuen Helden, „überwiegend Intellektuelle und Doktores“, wie Wegner seinen mittelständisch geprägten Bürgertrupp beschreibt. Belächelt wird er immer noch. Kaum einer traut Wegners „Ensemble unternehmungslustiger Laienspieler“ den Sprung ins Parlament zu. Bis zum Sonntag. 5,8 Prozent für die Statt Partei. Frühstückszeit.
Weiter? Nein, sagt Wegner am Tag nach der Wahl, zweiter Bürgermeister, das wolle er bestimmt nicht werden. Manche Journalisten lächelten immer noch. uex
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