piwik no script img

Archiv-Artikel

Markige Worte, aber deutlich softere Vorschläge

JUSTIZ Auch die CDU will die Anwendbarkeit der Sicherungsverwahrung eng beschränken

FREIBURG taz | Innenminister Thomas de Maizière und Niedersachsens Justizminister Bernd Busemann haben am Dienstag die CDU/CSU-Forderung nach einer Sicherungsunterbringung für gefährliche Straftäter wiederholt. Auf dem Papier ist der Vorschlag allerdings weit weniger wirkungsvoll als behauptet.

Anlass ist die von der Bundesregierung geplante Reform der Sicherungsverwahrung. Derzeit sitzen rund 500 Personen in Sicherungsverwahrung. Sie wurden nach Verbüßen ihrer Strafe nicht entlassen, weil sie noch als gefährlich gelten. In rund 20 Fällen wurde die Verwahrung dabei nicht im Strafurteil, sondern nachträglich während der Haftzeit angeordnet.

Diese nachträgliche Sicherungsverwahrung will Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) für zukünftige Fälle abschaffen. Stattdessen soll häufiger als bisher schon im Strafurteil die Sicherungsverwahrung „vorbehalten“ werden. Der Straßburger Gerichtshof für Menschenrechte verlangt einen direkten Zusammenhang zwischen Strafurteil und Inhaftierung.

Für die Union ist die vorbehaltene Sicherungsverwahrung aber nicht ausreichend. Sie will auch Täter erfassen, deren fortdauernde Gefährlichkeit sich erst in der Haft herausstellt. Außerdem soll die neue Sicherheitsunterbringung auch für rund 80 Straftäter gelten, die aufgrund eines anderen Straßburger Urteils kurzfristig aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden müssen.

Laut de Maizière soll die neue Zwangsunterbringung keine Strafe, sondern reine Prävention sein. Deshalb sollen die Betroffenen nicht im Gefängnis bleiben, sondern in geschlossenen Heimen mit vermehrten Arbeits- und Therapieangeboten leben. So will die Union Probleme mit dem Rückwirkungsverbot für Strafgesetze vermeiden.

Allerdings fehlt auch beim CDU-Vorschlag der direkte Zusammenhang zum Strafurteil. Deshalb will die Union die Sicherungsunterbringung auf zwei enge Fälle beschränken: wenn damit eine „hinreichend konkretisierte potenzielle Straftat“ verhindert werden kann oder wenn der Täter aufgrund „psychischer Störungen“ gefährlich ist. Mit diesen Einschränkungen – die CDU-Politiker in ihren markigen Interviews aber nie erwähnen – entspricht der Vorschlag den Anforderungen aus Straßburg. Allerdings wird es auch so kaum Anwendungsfälle geben. In der Regel müsste also auch die CDU auf elektronische Fußfesseln und polizeiliche Überwachung von vermeintlich gefährlichen Tätern setzen. CHRISTIAN RATH