: Marianne R.'s Familie
■ Das Gipsy-Festival im KITO erinnert an die Zeit des Faschismus und bringt Zigeuner-musiker mit jungen HipHopern zusammen
Ab morgen widmet sich das Kito eine Woche lang der Kultur und Geschichte der Roma und Sinti. Das sechstägige Gipsy-Festival stellt an drei Abenden verschiedene Spielarten der Musik vorwiegend west- und mitteleuropäischer Zigeuner vor, an den drei anderen Abenden wird in verschiedenen Vorträgen an das Schicksal der Zigeuner in Deutschland erinnert, insbesondere an die rassistische Verfolgungs- und Vernichtungspolitik der Nazis.
Am Montagabend geht es musikalisch mit dem Romeo Franz Ensemble los, das sich den klassischen Stilen widmet. Das Repertoire des Ensembles umfasst Hot Swing à la Django Reinhardt, der französischen Gitarristenlegende aus den 30-er und 40-er Jahren, sowie dessen Vorform, dem Manouche, einer Verbindung der französischen Musette mit Tzigane-Traditionen. Auch ein wenig ungarischer Csardas fließt ein, diese lange Zeit populärste Spielart der Zigeunermusik, aus der all die klassischen Klischees von schluchzenden Geigen und Teufelsgeigern stammen. Man darf gespannt sein, inwieweit Romeo Franz diese Klischees bedient. Dazu wird Anita Awosussi, Mitarbeiterin des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, die Literatur der Zigeuner vorstellen.
Am Dienstag und Mittwoch werden dann zwei Vorträge zu hören sein. Silvio Perritore, stellvertretender Vorsitzender des Zentralrates, wird über das Schicksal der Sinti und Roma während der nationalsozialistischen Diktatur referieren. Detlef Marzi, acht Jahre Geschäftsführer des Bremer Sinti-Vereins, beschäftigt sich tags darauf mit dem Thema „Wiedergutmachung, die nicht stattfand“ und wird dabei das Bild von der großzügigen Entschädigung nach dem Kriege zurecht rücken.
Am Donnerstagabend folgt das Trio des Gitarristen Tornado Rosenberg. Er stammt aus einer weitverzweigten, bekannten Musikerfamilie, zu der im übrigen auch Marianne Rosenberg gehört. Er trat bereits mit Größen wie Häns'che Weiss und Bireli Lagrene auf. Gemeinsam mit seinen Begleitern Danny Weiss, ebenfalls Gitarre, und Vlademir Tabold, Geige, gibt er einen Querschnitt ungarischer, spanischer und russischer Zigeunermelodien sowie damit verquickter Jazz- und Bossa Nova-Klänge.
Am Freitag wird der Bremer Sinto Ewald Hanstein, Begründer und Vorsitzender des Bremer Sinti-Vereins und von Beruf Musiker, aus seinem Leben erzählen. Heute über 70, war er während der NS-Diktatur in drei Konzentrationslagern eingekerkert und überlebte als einziger aus seiner Familie den Holocaust.
Das Abschlusskonzert am Samstag verspricht musikalisch besonders spannend zu werden, denn verschiedene Sinti und Roma der jüngeren Generation versuchen sich an einem Crossover von Zigeunertradition und HipHop, Soul und Rhythm'n'Blues. Unter ihnen DJ Olek, früher als The Menace bei Saprize aktiv, sowie die 19-jährige polnische Roma Casandra (Ex-Gipsy-Vibes), die als eine der stimmgewaltigsten Erscheinungen der HipHop-Szene angekündigt wird. Für die traditionelle Erdung des Abends sorgt noch einmal Tornado Rosenberg. Arnaud
11.-17. 12., 20 Uhr im Kito)
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