kurzkritik : Maria McKee im Sendesaal
Sie war jung, sie war irrwischend niedlich, pumpte Mitte der Achtziger den melancholisch daniederliegenden Countryrock mit himmelwärts strebender Gospelenergie auf, begleitete eine U2-Tour am Mikro ihrer kalifornischen Band Lone Justice, klopfte als Cowpunk-Cherubim an die Pforten des Rockolymps – aber ihr ward nicht aufgetan, da sie den Plattenbossen nicht ausreichend Profite beschert hatte.
Heute, fünf Soloalben später, steht sie als 40-jährige Dame üppig beschalt in der Hitze des Bühnenlichts im Sendesaal von Radio Bremen, gibt peinvoll die Diva und hat sogar eine Zofe für jede Handreichung und als Objekt blödelnder Ansagen dabei. Wenn Maria McKee aber, lässig umspielt vom Trio, die Stimme erhebt, mit ungestümer Eleganz alle Register der Sangeskunst zieht, ist das eine beängstigende, ja, überwältigende Lehrstunde für alle Möchtegern-Frontfrauen der Pop- und Rockcharts.
McKee stürzt sich nicht in die Songs hinein, sondern intoniert sie, technisch brillant, aus dem emotionalen Zentrum heraus. Die Ernsthaftigkeit und Inbrunst haben etwas Anrührendes. Auf den Alben konnte die Direktheit der Performance, die Rauheit, Offenherzigkeit und Konsequenz der Interpretationen bisher nie eingefangen werden. Live ist McKee eine Ausnahmesängerin – bejubelt im ausverkauften Saal. Jens Fischer