piwik no script img

Manzi doch lernfähig

■ Fc St. Pauli: 2:0 gegen den Wuppertaler SV / Erster Sieg seit 12 Spieltagen / Ottens und Manzi trafen / Nun Tabellensiebzehnter

/ Erster Sieg seit

12 Spieltagen/ Ottens und Manzi trafen / Nun Tabellensiebzehnter

Als Leonardo Manzi in der Bundesligasaison 1988/89 erstmals den grünen Grund des Wilhelm-Koch- Stadions betrat, hofften alle auf eine Wende des St.Pauli-typischen Kampffußballs hin zu ästhetischen, brasilianischen Spielformen. Sehr schnell wurde leider deutlich, daß Leo weder die hiesige, noch die dortige Variante beherrschte. Auch wenn sein damaliger Trainer Helmut Schulte behauptete, im Training würde er „die dollsten Sachen“ machen. Überlegungen wurden angestellt, den Platz mit Strandsand zu überschütten und barfüßig zu spielen. Und dennoch, er war nicht nur wegen seiner Hautfarbe und trotz seiner obskuren Spielweise sofort Liebling der braun-weissen Fangemeinde.

Der Leo Manzi von heute hat seine Lernfähigkeit bewiesen. Er rennt vorbildlich, weiß inzwischen sogar, wann er hochspringen muß, um den Ball mit dem Kopf zu treffen, und ist in der Lage den Ball zum Mitspieler zu befördern. Am Freitagabend im Zweitligaspiel gegen den Wuppertaler SV trafen diese Attribute aber auf die gesamte St.Pauli-Mannschaft zu. Die ZuschauerInnen wähnten sich in längst vergangene, erfolgreichere Zeiten zurückversetzt, als die Arena am Millerntor noch mit Recht als Freudenhaus bezeichnet werden durfte. Zwei Tore mehr geschossen als der Gegner, das hatten die treuen Fans — Freitag waren‘s immernoch 11 668 zahlende — seit fünf Monaten nicht mehr erlebt.

Bei aller Freude, es darf nicht vergessen werden, daß noch längst nicht alles Gold ist, was da so im Flutlicht strahlte. Denn die alten Schwächen waren auch gegen das Team aus der Schwebebahn-Stadt latent vorhanden. Trotz Sturm und Drang des FC, Phasenweise hätte sich Gäste-Torhüter Albracht getrost an seinen Pfosten lehnen und sich die Szenerie vor seinem Gehäuse so entspannt betrachten können. Der Ball hätte die Torlinie gewiß nicht überschritten.

Am Ende war es der Abgebrühtheit des Klaus Ottens zu verdanken, daß ein 2:0-Erfolg zu feiern war. Wer weiß, wie es ausgegangen wäre, hätte der semmelblonde Klaus nicht bewundernswerte Nervenstärke bewiesen und den Elfmeter in der 35. Minute im zweiten Anlauf (der Schiedsrichter ließ wiederholen, da er den Ball nicht freigegeben hatte) in den dunklen Nachthimmel gebolzt. So aber war das 1:0 so etwas wie die Initialzündung für noch mehr Einsatz, allen voran die Finnen Järvinen und Hjelm, der mit dem 2:0 durch Manzi belohnt wurde.

Hoffentlich bringt dieser Sieg den Spielern das so lange vermißte Selbstbewustsein zurück. Diejenigen, die sich immernoch bei jeder Ballberührung einnässen vor lauter Angst, die Kugel könnte verloren gehen, die könnten sich ja 'mal bei Leo Manzi erkundigen, wie man sich am eigenen Schopfe aus dem Sumpf zieht. Andreas Hoffmann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen