: Mann statt Programm
■ Pakistans Oppositionsführerin Benazir Bhutto heiratet einen Großgrundbesitzer / Die Volkspartei wenig erfreut / Stürmische Begeisterung und Verletzte bei Hochzeitsfeier
Wer sie damals in ihrem Londoner Exil besucht hat, hätte nie geglaubt, daß sich Benazir Bhutto jemals verheiraten lassen würde. Zu feministisch klangen die Töne, die sich die Exilpolitikerin im Verlaufe ihrer westlichen Erziehung als Präsidentin der Studentengewerkschaft von Oxford angeeignet hatte; zu drohend hing über der Couchgarnitur das schwarzgerahmte Bildnis von Vater Zulfikar Ali Bhutto, den der jetzige pakistanische Staatspräsident Zia–ul–Haq 1979 hatte hinrichten lassen. Benazir, nicht so charismatisch wie ihr populärer und umstrittener Vater, sah sich als Trägerin seines Vermächtnisses, als Frau mit politischer Mission. Für einen Mann an ihrer Seite schien es da keine Rolle zu geben. Daß die von ihr angestrebte Befreiung des pakistanischen Volkes aus den Fängen der Militärs - die ihrer Uniform in den letzten Jahren nur ein demokratisches Mäntelchen übergehangen haben -, daß diese Befreiung nur die militärische Elite durch eine feudale Elite ersetzt hätte, dies wurde von Benazirs triumphaler Rückkehr aus dem Londoner Exil vor 20 Monaten vorübergehend zugedeckt. Erst ihre Hochzeit erinnert wieder daran. Heiratet Benazir, die Führerin der „Pakistan Peoples Party“ doch jetzt ausgerechnet einen Großgrundbesitzer aus ihrer Heimatprovinz Sind. Schließlich gehören auch dem Bhutto–Clan - Volkspartei hin oder her - beträchtliche Ländereien; da mußte schon so einer her wie der 34jährige Asif Zardari, eine Kreuzung eines mittelalterlichen Feudalherrn mit einem westlichen Yuppie, dessen intellektueller Horizont, so Insider, nicht weiter als die Trensen seiner Polopferde reiche. Sie wolle keinen Mann, so Benazir dazu, mit dem sie auch noch daheim über Politik diskutieren müsse. Und Liebe komme eben nach der Heirat. Doch das Volk liebte das „Match“ der beiden. 100.000 jubelten dem Paar am Freitag in Karatschi zu, so als gelte es, mit einer weiteren Massenveranstaltung über die politische Einflußlosigkeit der von Benazir geführten Volkspartei hinwegzutäuschen. Während sich die 1.200 geladenen Gäste am Hochzeits–Arrangement delektierten, gabs draußen vor dem Tore vor blinder Begeisterung sogar Verletzte. Die von Mutter Nusrat in Paris organisierte Paarung mit dem politisch völlig uninteressierten Sproß der Zardari–Familie mag zwar auf den Straßen eine Weile für Begeisterung sorgen und solche Gemüter beruhigen, die eine unvermählte Frau an der Spitze der Oppositionspartei schlicht für einen Skandal oder eine politische Belastung hielten. Benazirs Defizit - und das ihrer Partei - wird damit aber nicht behoben sein. Die Frau braucht keinen Mann, sondern ihre Partei ein Programm. In der Regierungspartei hofft man unterdessen, aus dem Privatereignis im Hause Bhutto politisches Kapital zu schlagen: Wenn die Opposition demnächst schwanger geht, könnte man die Wahlen vorziehen und vielleicht noch unangefochtener gewinnen, als bei den Kommunalwahlen im November..
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