: Mann mit Charisma
Der ehemalige NHL-Profi Uwe Krupp bringt wieder Ordnung ins deutsche Eishockey-Chaos: 7:2 über die USA
MANNHEIM taz ■ Lässig stand Uwe Krupp da inmitten eines Reporterrudels. Durch eine randlose Brille blickte der 1,96 m große Mann auf die Menge herab – und kündete ihr von einer schöneren Eishockey-Zukunft. Wundersames war kurz zuvor in der Mannheimer SAP-Arena geschehen: Krupp gab sein Debüt als Assistent von Absteiger-Eishockey-Bundestrainer Greg Poss, und die deutsche Nationalmannschaft besiegte tatsächlich in ihrem ersten Spiel beim Nations Cup, dem ehemaligen Deutschland Cup, am Mittwochabend die USA mit 7:2. „Das war eine starke Leistung, die Mannschaft ist über sich hinausgewachsen. Sie hat Talent, sie hat Biss, sie wollte gewinnen“, sagte Krupp.
Man lauschte ihm gern. Krupp hat Charisma. Der 40-Jährige ist der erfolgreichste deutsche Eishockey-Spieler. 810 Spiele absolvierte er zwischen 1986 und 2003 in der NHL, verdiente sich als Verteidiger den Namen King Kong und gewann als einziger deutscher Profi den Stanley Cup, die NHL-Meisterschaft. Die Jahre in Nordamerika haben Spuren hinterlassen. Krupp spricht deutsch mit amerikanischem Akzent – und vor allem ist er – ganz Ami – bedingungslos optimistisch. Da fragte ihn doch tatsächlich jemand, ob er den Sieg richtig ernst nehmen könne, da das US-Team doch ein wenig lasch agiert habe. „Darauf kommt es nicht an“, entgegnete Krupp fast pikiert. „Das Spiel war wichtig für das Selbstbewusstsein unserer Spieler.“ Phhh!
Man kann es so sehen: Es ist immer schön, die USA zu schlagen. Oder so: Im ersten Spiel nach dem Abstieg in die B-Klasse bei der WM in Österreich traf die deutsche Mannschaft auf den bestmöglichen Aufbaugegner: Das US-Team bestand ausschließlich aus in Europa beschäftigten Profis. Es waren zwar Männer dabei mit so Furcht erregenden Namen wie Jeff Panzer, Karl Goehring oder Brett Hauer – auf dem Eis traten sie jedoch nicht gut gestaffelt auf.
Die deutschen Kufenflitzer zeigten sich umso engagierter – und vor allem deutlich besser organisiert als zuletzt bei der WM, wo Poss sie mit Multimedia-Referaten über neuartige Superspielsysteme verwirrt hatte. „Wir spielen ein realistisches System, eines, das die Spieler aus ihrer Liga kennen“, befand nun Krupp. Die deutsche Abwehrleistung war jedenfalls stabil. Der 19-jährige Torhüter Thomas Greiss von den Kölner Haien legte ein erstaunlich starkes Länderspieldebüt hin. Fehler um Fehler leisteten sich dagegen die Amis. Die Deutschen nutzen sie aus, kamen gar zu drei Toren im Powerplay, ihrer normalerweise so schwachen Disziplin.
Ist also Krupp, der weiterhin seinen Hauptwohnsitz in Atlanta hat und in klinsmannesker Art (E-Mail, DVD, Telefon, Einfliegen) mit der Heimat kommuniziert, der neue Heilsbringer und der wahre Bundestrainer? „Nun ja“, sagt der 22-jährige Verteidiger Stefan Schauer. „Man hört natürlich sofort auf einen, der so viel erreicht hat wie Uwe Krupp.“ Auf den Bundestrainer hörten sie bei der WM zumindest am Ende dagegen kaum noch. Poss blieb nur im Amt, weil DEB-Präsident Hans-Ulrich Esken ein fanatischer Anhänger des Coaches ist.
Die Ziele des Nationalmannschaft sind klar: Bei den Olympischen Spielen im Februar in Turin soll sich die Auswahl möglichst nicht blamieren, im April bei der B-WM in Amiens muss sie sofort wieder aufsteigen. „Wir wollen den anderen Teams ein so unangenehmer Gegner wie möglich sein“, fordert Krupp. Das klingt gut – und war auch die Philosophie in der erfolgreichen Zeit unter Altbundestrainer Hans Zach. Der nächste Gegner beim Nations Cup ist heute in Hannover (19.30 Uhr) die Schweiz. CHRISTIANE MITATSELIS